Athen lehnte Besuch von Innenministerin Mikl-Leitner ab

Mikl-Leitner ist in Athen nicht willkommen.
Vize-Außenminister verurteilt "feindselige und aggressive Aktionen wie das Schließen von Grenzen"

Das Wichtigste in Kürze:

  • Wie heute bekannt wurde, hat Griechenland einen Besuch von Innenministerin Mikl-Leitner abgelehnt.
  • Schon gestern hat Griechenland seine Botschafterin in Wien nach Athen berufen.
  • Österreichs Außenminister Sebastian Kurz findet, man solle "nicht jede Wortmeldung überinterpretieren".
  • Laut dem griechischen Vize-Außenminister war das eine "Verteidigungs-Taktik" gegen "feindselige und aggressive Aktionen wie das Schließen von Grenzen".
  • Dem Streit zugrunde liegt, dass Griechenland nicht zur Westbalkan-Konferenz geladen war, obwohl dort vieles besprochen wurde, das Konsequenzen für Griechenland hat. Insgesamt fürchtet Griechenland, mit den Flüchtlingen alleine gelassen zu werden, wenn immer mehr Staaten ihre Grenzen schließen.
  • EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hofft weiter auf "eine europäische, solidarische Lösung" bis zum EU-Türkei-Gipfel am 7. März.
  • Unterdessen haben auch andere Staaten der Balkanroute Tageskontingente eingeführt.

(Korrektur 14:47: Die Tageskontingente sind bereits in Kraft und nicht, wie ursprünglich berichtet, angekündigt)

Im Streit um das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise hat die griechische Regierung einen Besuch von Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) abgelehnt. In Wien zeigt man sich trotz der Absage aus Athen gelassen. Bei dem Besuch Mikl-Leitners in Griechenland hätte es darum gehen sollen, "die bekannte österreichische Position auch direkt in Athen umfangreich zu erläutern", wie ihr Sprecher Hermann Muhr der APA mitteilte. Das österreichische Gesprächsangebot bleibe nun aufrecht. "Es wäre jedenfalls völlig legitim, falls Griechenland das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt führen will." Am Tag zuvor hatte Griechenland seine Botschafterin in Österreich zu Konsultationen zurückgerufen. Die EU-Kommission will sich in den Streit nicht einmischen. "Dies ist eine bilaterale Angelegenheit zwischen Griechenland und Österreich", sagte Natasha Bertaud, die Sprecherin von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Freitag in Brüssel.

Abberufung war "Verteidigungs-Taktik"

Vize-Außenminister Nikos Xydakis hat die Abberufung der griechischen Botschafterin aus Wien als "Verteidigungs-Taktik" gegen "feindselige und aggressive Aktionen wie das Schließen von Grenzen" bezeichnet. Es handle sich um eine vernünftige und ernsthafte Reaktion Athens, sagte Xydakis nach Angaben der Nachrichtenagentur ANA am Freitag dem Sender Skai TV.

Der Vize-Minister sagte, das Drängen Österreichs und der Westbalkan-Staaten auf einen Stopp des Flüchtlingsstroms von Griechenland nach Norden bedeute eine "de facto Abschaffung" des Schengener Abkommens.

Kurz: "Nicht jede Wortmeldung überinterpretieren"

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ist um Beruhigung in der europaweiten Diskussion über die österreichische Vorgangsweise beim Flüchtlingsthema bemüht. "Man sollte nicht jede Wortmeldung überinterpretieren", sagte er im Zusammenhang mit der Rückbeorderung der griechischen Botschafterin in Österreich nach Athen bei einer Pressekonferenz am Freitag in Linz.

Auch dazu, dass ein Besuch von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Griechenland abgelehnt wurde, zeigte er sich gelassen: Es gebe ständig Kontakte mit der griechischen Regierung, erst am Donnerstag habe man sich bei einem Innenministerrat der EU getroffen. Auch gleich nach der Westbalkan-Konferenz - laut Kurz "ein erprobtes Format" - habe es Kontakt mit Griechenland, das nicht zur Teilnahme eingeladen und deswegen verstimmt war, gegeben.

Die Rückbeorderung der Botschafterin ist aus der Sicht von Kurz "eine gewisse Chance". Sie sei zu "Konsultationen" und "um die guten Beziehungen zu Österreich zu bewahren" heimgerufen worden, erklärte der Außenminister. Sie könnte nun ihre Regierung über die Herausforderungen in einem Zielland des Flüchtlingsstromes informieren. Denn Österreich sei nicht nur Transitland, rund zehn Prozent der Kommenden würden bleiben wollen.

Die Anspannung in Griechenland sei "verständlich", erklärte Kurz. Denn der Druck auf das Land werde nicht nur von Österreich, sondern auch von anderen Länder der EU aufgebaut. Österreich beabsichtige mit seinem Vorgehen, nicht nur Druck für eine Lösung auf europäischer Ebene zu machen, sondern auch die eigenen Interessen zu wahren. Es solle klar signalisiert werden, es könnten nicht mehr so viele Flüchtlinge wie bisher aufgenommen werden. Neben Schweden habe Österreich die meisten Personen pro Einwohner aufgenommen.

Griechenland fordert Kurswechsel Österreichs

Die griechische Regierung fordert von Österreich weiterhin einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik. Die beim Westbalkangipfel in Wien vereinbarten "einseitigen Beschlüsse" müssten zurückgenommen werden, bevor es zu einem Treffen kommen könne, hieß es laut "Kathimerini" aus dem Athener Außenministerium.

Bei dem Wiener Treffen hatten Österreich und die Balkanstaaten bekräftigt, den von Griechenland nach Norden drängenden Flüchtlingszustrom zu stoppen. Aus Brüssel heißt es aus dem Büro von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, dass die EU-Kommission "an einer koordinierten europäischen Antwort im Geiste der Solidarität" arbeitet.

Die EU-Kommission bereite sich unterdessen auf eine humanitäre Nothilfe für die Flüchtlinge in Griechenland vor, wie die Sprecherin von Avramopoulos sagte. Dabei wolle die Kommission eng mit internationalen Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, die in Griechenland bereits tätig sind. Griechenland habe zuletzt die Bereitstellung von zusätzlich 20.000 Plätzen für die Aufnahme von Flüchtlingen mitgeteilt.

Auf die Frage, ob der Aktionsplan zwischen der EU und der Türkei nach dem gemeinsamen Gipfel am 7. März für tot erklärt würde, wenn bis dahin keine Reduktion des Flüchtlingsstroms erfolgt sei, sagte ein Sprecher der EU-Kommission, für solche Spekulationen bestehe kein Anlass. Ziel des Gipfels am 7. März sei eine Bestandsaufnahme der bereits beschlossenen Maßnahmen. "Wir glauben noch immer, dass eine europäische, solidarische Lösung funktionieren wird."

Weitere Tageskontingente auf der Balkanroute

Unterdessen ziehen Staaten auf der Balkanroute nach: Die Tageskontingente für Flüchtlinge werden in Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien bereits seit einer Woche angewandt. Die Polizeichefs aller Länder auf der Balkanroute und Österreichs haben sich laut der slowenischen Polizei bereits am 18. Februar bei einem Treffen in Zagreb auf die Einschränkungen des täglichen Transits geeinigt.

"Seitdem wird diese Vereinbarung auch angewendet", sagte eine Polizeisprecherin am Freitag auf APA-Anfrage. Bisher hätten sich die Länder auf die Vereinbarung, täglich nur rund 580 Flüchtlinge über die Grenze zu lassen, gehalten, hieß es in Ljubljana. Lediglich an zwei Tagen konnten in Absprache zwischen der slowenischen und kroatischen Behörden mehr Flüchtlinge nach Slowenien einreisen. So kamen laut der slowenischen Polizeistatistik am 20. Februar knapp 830 Flüchtlinge ins Land, ein Tag später rund 620.

Allerdings schickte Kroatien am gestrigen Donnerstag ohne vorherige Absprache fast 850 Flüchtlinge nach Slowenien. Das hat laut der slowenischen Polizei "die vereinbarten Einschränkungen deutlich überschritten, weshalb Kroatien auf die bestehende Vereinbarung verwiesen wurde". Die Vereinbarung, den Transit von Flüchtlingen auf "rund 580 Migranten pro Tag" war laut Ljubljana "mit Berücksichtigung der österreichischen Tageskontingente und Erfahrungen mit den Zurückweisungen" getroffen worden. Es sei eine einstimmige Absprache aller Länder gewesen, hieß es.

Demnach wurde vereinbart, dass der "tägliche Transit durch die Länder des Westbalkans auf eine solche Zahl eingeschränkt wird, die eine Überprüfung jedes einzelnen Migranten gemäß der Schengenregel ermöglicht", hieß es von der slowenischen Polizei.

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