"Bund hat Wahlverluste zu verantworten"

Für Ex-SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch sind nicht die Landesparteien schuld am Wahlergebnis.
Ex-SPÖ-Vizekanzler Androsch kritisiert Faymann und Mitterlehner heftig. Sie hätten Bürgern etwas vorgemacht.

Bürger beklagten, dass Regierende nichts tun; täten sie etwas, würden sie abgestraft. Das wird in- und außerhalb von Polit-Zirkeln befundet – angesichts der historisch schlechtesten Wahlergebnisse für die steirischen "Reformpartner" Franz Voves und Hermann Schützenhöfer.

"Eine Ausrede" ist das für den Industriellen und einstigen SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch. "Dieses Argument geht doch ins Leere. Im Burgenland gibt es tendenziell das gleiche Ergebnis – und dort gibt es keine Reformpartnerschaft." Die Ursachen für die enormen Verluste für Rot und Schwarz lägen nicht in den beiden Ländern. "Die Bundespolitik hat das zu verantworten", sagt Androsch dem KURIER.

Schönfärberei

Die Koalitionsspitzen hätten den Menschen, die wegen der Wirtschaftssituation verunsichert und besorgt seien, etwas vorgemacht: "Sie haben lange Zeit gesagt, dass alles in Ordnung sei, dass sie das Land toll aus der Krise geführt hätten. Leider sind wir aus der Krise noch lange nicht heraus." Androsch macht es bildlich: "Das ist so, als würde man erkrankt die Befunde nicht zur Kenntnis nehmen, um die Therapie zu vermeiden. Als Folge wird die Krankheit nur heftiger, wodurch sie eine stärkere, schmerzhaftere und aufwendigere Therapie erforderlich macht. Mit diesem Verständnis braucht Österreich überfällig Handlungs- und Reform-Therapie." Androsch mahnt von SPÖ-Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner Leadership ein: "Rot und Schwarz im Bund sollten sich die Reformpartnerschaft der Steirer zu Herzen nehmen, sonst werden sie Schreckliches erleben." Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich (27. September) und in Wien (am 11. Oktober) drohten SPÖ und ÖVP ebenso dramatische Verluste. Es müsse Schluss sein "mit dem Hick-Hack zwischen den Koalitionspartnern und punktuell populistischen Aktionen wie einer Erbschaftssteuer light. Sie müssen gemeinsam Reformen angehen – von der Budgetkonsolisierung über Bildung bis zu Pensionen und Verwaltung. Nach den historischen Gedenktagen muss es zukunftsorientierte Gestaltungsjahre geben." Nur so könnten Rot und Schwarz den Blauen Paroli bieten. "Selbst die Steiermark braucht noch beträchtliche Reformen." Insofern sei er froh, dass Voves und Schützenhöfer weitermachen. Vergrößert den Grant auf Politiker nicht, dass Voves bleibt, obwohl er vor der Wahl gesagt hat, bei einem SPÖ-Resultat unter 30 Prozent zu gehen (geworden sind es 29,29 %)? "Man soll sich nie solche Grenzen setzen, das hätte er nicht sagen sollen", antwortet Androsch. Voves’ Partei liege aber nur knapp darunter; abgesehen davon "sollten wir uns mit solchen Nebensachen nicht aufhalten. Er macht einen guten Job."

Dilettantismus

Nicht gut findet Androsch die Asylpolitik der Bundesregierung: "Die ist nicht nobelpreisverdächtig. Einst haben wir hunderttausend Ungarn und Tschechen aufgenommen. Jetzt sind wir im reichen Österreich nicht fähig, ein paar tausend Flüchtlinge unterzubringen? Und Zelte aufzustellen, in denen man erst nach dem Regen Holzbretter auf den Boden legt, ist dilettantisch."

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