Ärztekammer für Ende der Chefarztpflicht

Ärztekammer gegen Entscheidung "nach Gutdünken"
Indikationenregelung sinnvoller. Laut Umfrage wollen die Österreicher Aufwertung des Hausarztes

Die Ärztekammer fordert die Abschaffung der Chefarztpflicht für teure Medikamente und Untersuchungen. Vizepräsident Johannes Steinhart plädierte am Montag in einer Pressekonferenz stattdessen für eine "Indikationenregelung".Für ihn macht es keinen Sinn, wenn ein Kassenarzt, der den Patienten weder kennt noch sieht, einem niedergelassenen Arzt, der den Patienten gut kennt und behandelt, eine spezielle Therapie bewilligt oder verwehrt. Eine profunde zweite Meinung oder eine Kontrolle sei damit ohnehin nicht gegeben, meinte Steinhart. Entweder der Patient brauche die Therapie oder nicht, eine Entscheidung des Kassen-Chefarztes "nach Gutdünken" sei nicht sinnvoll, sagte der Vizepräsident.

Steinhart glaubt nicht, dass eine Abschaffung der Chefarztpflicht "große finanzielle Auswirkungen haben muss", konkrete Zahlen nannte er jedoch nicht. Er stellt sich stattdessen die Erarbeitung eines Kataloges von Indikationen vor, bei denen die Kassen die Leistungen ohne Bewilligung erbringen müssten. Über die Indikationen müsste noch verhandelt werden.

Hausarzt als "zentrale Säule"

Präsentiert wurde auch ein Umfrage, die die Forderung der Ärztekammer nach einer Aufwertung des Hausarztes unterstreicht. Die Umfrage wurde im Auftrag der Wiener Ärztekammer vom Institut ecoquest durchgeführt (1.000 telefonische Interviews im Juni). Der Hausarzt solle eine "zentrale Säule" der Gesundheitsversorgung bilden. Die Österreicher seien mit ihm sehr zufrieden und möchten, dass die Ärzte bei Entscheidungen für das Gesundheitssystem einbezogen werden, fasste Meinungsforscher Peter Ulram die Ergebnisse zusammen.

Drei Viertel der Befragten wünschen sich, dass es mehr Hausärzte geben soll. 80 Prozent halten die Versorgung mit Hausärzten in ihrem Wohngebiet für ausreichend, allerdings ist sie für ein Viertel der Befragten in kleinen Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern nicht ausreichend. Mit den Leistungen ihres Hausartzes sind 76 Prozent sehr und weitere 20 Prozent eher zufrieden. Von ihrem Hausarzt wünschen sich gleich 98 Prozent, dass er sich für das Gespräch Zeit nehmen sollte und 92 Prozent, dass er auf ihre persönliche Situation eingehen und weniger auf Routineuntersuchungen setzen sollte. Und 86 Prozent wollen, dass die Politik bei gesundheitspolitischen Entscheidungen den Standpunkt der Ärzte berücksichtigen sollte.

Für Steinhart bedeuten diese Ergebnisse eine Absage an sogenannte Erstversorgungszentren, wie sie im Rahmen der Gesundheitsversorgung angedacht waren. Der Ärztekammer-Vizepräsident wandte sich auch dagegen, mit solchen Zentren einen Ärztemangel zu kaschieren. Er betonte neuerlich, dass immer mehr Jungmediziner ins Ausland abwandern und von den niedergelassenen Fachärzten zwei Drittel in der Altersgruppe 50 plus sind. Von den derzeit 1.800 niedergelassenen Landärzten werden in den nächsten zehn Jahren mehr als die Hälfte in Pension gehen. Steinhart bekräftigte deshalb die Forderung nach einem Bürokratieabbau und nach neuen Organisationsformen, wie Gruppenpraxen, Praxisnetzwerken, Time-Sharing-Ordinationen und Vertretungsregelungen.

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