"Fritzl hat mir nur geschadet"

Der Roman "Claustria", der den Fall Fritzl detailliert abhandelt, sorgt für Aufregung. Der KURIER fragte bei Fritzl-Experten nach.

Einen Volltreffer hat der französische Autor Régis Jauffret mit der deutschen Übersetzung seines Romans "Claustria" gelandet. Im Mittelpunkt der Handlung: Josef Fritzl, der seine Tochter Elisabeth 24 Jahre lang in einem Keller eingesperrt und mit ihr sieben Kinder gezeugt hatte. Jauffret mischt Fakten und Fiktion und greift Polizei, Justiz und Anwälte an.

"Der Autor hat nie mit mir geredet", sagt Strafverteidiger Rudolf Mayer, der Josef Fritzl vor Gericht vertreten hat. "Ich frage mich, wie so jemand ein Buch über den Fall schreiben kann. Er kann ja Informationen nur aus dritter Hand haben." Im Roman kommt der Fritzl-Verteidiger namens Gretel schlecht weg – als eitler Selbstdarsteller, der noch dazu stirbt. "Ich leb’ ja noch", weist Mayer jede Ähnlichkeit mit seinem Pendant in "Claustria" zurück. Im Übrigen wolle er das Buch nicht lesen. Den Fall hat Mayer längst abgehakt: "Fritzl hat mir nie genützt, sondern nur geschadet."

"Brechstange"

Auch Oberst Franz Polzer, Chefermittler der Polizei im "Jahrhundertfall", kann sich nicht erinnern, mit einen französischen Autor gesprochen zu haben. Der Polizei werden in dem Roman Ermittlungspannen und Vertuschung vorgeworfen. "Ich werde zu den Vorwürfen keine Stellungnahme abgeben", sagt Polzer. "Wir haben unsere Arbeit getan, der Fall ist bei der Justiz gelandet und der Verurteilte sitzt." Er vermutet, dass man "mit der Brechstange versucht", an die Opfer heranzukommen.

"Ich habe mit Jauffret gesprochen", erklärt Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner. Sie erstellte einst das Gutachten über Josef Fritzl. "Er hat von mir nur das erfahren, was öffentlich bekannt war." Sie kritisiert: "Wie kommt ein Opfer dazu – auch wenn es sich um Fiktion handelt – lesen zu müssen, wie es sich gefühlt hat." Kastner versteht die Aufregung um das gestern veröffentlichte Buch nicht: "Die Fakten, die da als neu präsentiert werden, wurden ja schon jahrelang durchgekaut."

"Die Parallelität liegt auf der Hand", sagt Psychiater Reinhard Haller, der dem Roman sehr wohl auch Faktizität beimisst. "Wie kann man einen Jahrhundertfall wie diesen in nur drei, vier Prozesstagen abhandeln?", fragt Haller. "Warum hat die Umwelt nichts mitbekommen? Was haben die Angehörigen gewusst?" Hallers Fazit: Der Fall Fritzl sei von den Behörden nicht transparent aufgearbeitet worden.

Claustria: Der Autor kommt nach Wien

"Fritzl hat mir nur geschadet"

Roman "Claustria", das Buch des französischen Autors Régis Jauffret, ist seit gestern, Donnerstag im Buchhandel erhältlich. Die deutsche Erstauflage aus dem Salzburger Verlag "Lessingstraße 6" kostet 24,90 Euro. Am 24. September wird das Buch im Wiener Rabenhof-Theater präsentiert. Burgschauspieler Nicholas Ofczarek liest aus dem Werk und Jauffret wird anschließend dem Journalisten Charles E. Ritterband Rede und Antwort stehen.

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