Direkter Krisen-"Draht" NATO – Russland

Direkter Krisen-"Draht" NATO – Russland
Die NATO reaktiviert erstmals seit dem Kalten Krieg einen direkten Draht zum russischen Militär.

Als sich 1991 die kommunistische Sowjetunion endgültig auflöste, sah der Westen im Nachfolgestaat Russland keine wirkliche Gefahr mehr. Daher erkannte man auch keine Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des direkten Drahtes zu den Militärverantwortlichen in Moskau – über dieses "Rote Telefon", eingerichtet zwischen den USA und der UdSSR nach der Kubakrise 1962, konnte man zu Krisenzeiten rasch reagieren, um fatale Missverständnisse auszuräumen oder weitere Eskalationen zu vermeiden.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Kreml-Chef Wladimir Putin, der die (ukrainische) Krim annektieren ließ und die Aufständischen in der Ostukraine unter seine Fittiche nimmt (siehe nebenstehenden Artikel), wird vom Westen zunehmend als Bedrohung wahrgenommen. Und so wurde nun der alte Sicherheitsmechanismus aus der Zeit des Kalten Krieges, ein direkter Draht zwischen der NATO und der russischen Militärführung, wieder aktiviert, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Seit wann das System operativ ist, ließ ein Sprecher des Verteidigungsbündnisses zunächst offen.

Langstreckenbomber

Hintergrund der Maßnahme sind auch die vermehrten Flüge russischer Langstreckenbomber, die auch atomar bewaffnet werden können, in den europäischen Luftraum: Im Vorjahr wurden 400 derartige Vorfälle registriert. NATO-Kampfpiloten stiegen daraufhin auf und drängten die Maschinen ab, weil sie sich nicht zu erkennen gegeben hatten. Erst vor wenigen Tagen hatte zudem ein unbekanntes Objekt vor der finnischen Hauptstadt Helsinki für Aufregung gesorgt. Es wurde spekuliert, dass es sich um ein russisches U-Boot gehandelt haben könnte. Die finnische Marine hatte sogar Warn-Wasserbomben abgeworfen.

In vielen Nachbarstaaten Russlands ist derzeit erhöhte Anspannung spürbar, was sich auch in einer militärischen Aufrüstung widerspiegelt.

Finnland
In dem Nicht-NATO-Land nahm zuletzt die Debatte über einen Beitritt zur westlichen Verteidigungsallianz Fahrt auf. Zudem wurden jetzt 900.000 Reservisten angeschrieben und auf ihre Rolle in einer Krisensituation vorbereitet. "Das ist außergewöhnlich und deutlich daran orientiert, den Leuten das Gefühl einer russischen Bedrohung zu geben", kommentierte der finnische Journalist Peter Iiskola.

Schweden
Auch in dem neutralen Land wird ein NATO-Beitritt diskutiert. Zunächst aber muss man selbst vorsorgen, dazu wird der Verteidigungsetat heuer um 5,3 Prozent erhöht. Angesichts der verstärkten Aktivitäten der russischen Marine in der Ostsee hat Stockholm ferner angekündigt, die Truppen auf der strategisch wichtigen Insel Gotland zu verstärken.

Norwegen
Der Öl-reiche Staat im Norden ist zwar NATO-Mitglied, wird aber sein Verteidigungsbudget ebenfalls um mehr als fünf Prozent anheben.

Baltische Staaten
In Litauen wurde eben erst die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt. In Lettland soll die Zahl der Berufssoldaten bis 2018 von derzeit 4600 auf 6600 steigen. Estland wiederum hat Ende Dezember von den Niederlanden 44 Panzer des Typs CV90 erworben.

Polen
Im Vorjahr wurde der Wehretat auf 7,7 Milliarden Euro hochgeschraubt, in den kommenden Jahren sollen weitere Milliarden in die Verteidigung fließen. Und an der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad baut Polen derzeit mehrere bis zu 50 Meter hohe Wachtürme.

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