Ukraine: Politiker landen im Müll

Ukraine: Politiker landen im Müll
In zwei Wochen finden Parlamentswahlen statt – unter schwierigen Vorzeichen.

Als Politiker in einer Mülltonne zu landen, das kann schon passieren. Vorausgesetzt, man ist ukrainischer Politiker. In den vergangenen Wochen waren Dutzende Funktionäre der faktisch nicht mehr existenten Partei der Regionen des gestürzten Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch von Aktivisten geschnappt, aus ihren Büros gezerrt und in Müllcontainer gesteckt worden – zum Teil vor den Augen der Polizei. Als "Mistkübel-Challenge". Was klingt wie ein Streich, ging aber meist recht blutig und sehr oft mit gebrochenen Nasen ab.

Symbolische Entsorgung

Ein Krieg im Osten, die Krim okkupiert durch Russland, die Parteienlandschaft durcheinandergerüttelt – wenn am Sonntag in zwei Wochen in der Ukraine ein neues Parlament gewählt wird, so kann das ohne Zweifel als die bisher wohl größte demokratiepolitische Herausforderung des jungen Landes bezeichnet werden. Mit unvorhersehbarem Ausgang. Der Hurra-Patriotismus und die Begeisterung nach der Revolution im Frühjahr sind in den Ebenen der Realität angekommen – auch, wenn die Welle an Hilfsbereitschaft gegenüber Binnenflüchtlingen oder Kriegsversehrten anhält. Aber letztlich ist es dann doch ein bekannter Punkt, der die Realität zurückbringt: die Korruption. Und genau darum geht es, wenn Politiker symbolisch im Müll entsorgt werden.

Nicht von ungefähr hatte es Präsident Petro Poroschenko also eilig, sein Antikorruptionsgesetz durchzusetzen. Es umfasst den gesamten Staatsapparat, alle Beamten und politischen Amtsträger. Und Poroschenko hatte einigermaßen Mühe, das Gesetz durchzubringen. Weniger, weil die Opposition so stark ist – ist sie nicht –, sondern weil interne Streitigkeiten die Regierungskoalition lähmen. Am Donnerstag unterzeichnete er das Gesetz nach der Zustimmung des Parlaments. Vor dem Parlament in Kiew hatten Aktivisten in den Tagen der Abstimmung bereits Autoreifen platziert, um Druck zu machen.

Dabei hat die Ukraine angesichts der Wahl vor allem auch ein ungelöstes Problem: Ein äußerst kompliziertes Wahlgesetz, das Manipulationen Tür und Tor öffnet und dessen Reform an sich angedacht war.

Kommentare