Stehauf-Frau Hillary geht ins Rennen

Die Ex-Außenministerin kandidiert für das Präsidentenamt.
Die Ex-Außenministerin gibt niemals auf: Am Sonntag erklärt sie ihre Kandidatur für die US-Präsidentschaft.

Die Nachricht kam nicht als Video-Ansage, Facebook-Post oder Twitter-Botschaft. Vielmehr war diese Woche das sicherste Indiz dafür, dass Hillary Clinton für die Präsidentenwahlen 2016 kandidieren wird, ein Mietvertrag: Anfang April zog ein "Hauptquartier"-Team der 67-jährigen Politikerin auf zwei Stockwerken eines Bürogebäudes im New Yorker Stadtteil Brooklyn neu ein. Seither zählte das Land gebannt die Stunden herunter. Denn laut US-Wahlkampfgesetz muss ein potenzieller Kandidat sein Antreten offiziell machen, sobald er (oder sie) 5000 Dollar oder mehr für den Wahlkampf ausgibt.

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Und als am Freitag erste Medien meldeten, dass Hillary Clinton am Sonntag offiziell ihre Präsidentschaftskandidatur bekannt geben werde, bestätigten demokratische Funktionäre, dass dem so sein wird.

Keine Minute später wird die republikanische Angriffsmaschine gegen ihre demokratische Lieblingsfeindin wieder auf volle Kraft schalten. Der ultra-konservative Präsidentschaftskandidat Rand Paul glaubt schon jetzt, Clintons offene Flanke entdeckt zu haben – ihre nicht vorhandene Ehrlichkeit. Dass sie ihre Geschäfte als Außenministerin über ein privates eMail-Konto abgewickelt und darüber geschwiegen habe, sei nur ein Beweis dafür, dass sie es mit der Wahrheit nicht so ernst nehme, giftete der Senator aus Kentucky. Noch mehr Enthüllungen seien zu erwarten. "Ich glaube, das Vertrauen der Amerikaner in Clintons Fähigkeit, das Land auf ehrliche Weise zu führen, wird erschüttert sein."

Meist geschmäht

Im Lauf des noch eineinhalb Jahre dauernden Wahlkampfes werden sich die Aufregungen um den "eMail-Skandal" legen. Und es wäre nicht Hillary Clinton, meist geschmähte US-Politikerin, wenn sie nicht abermals ihr außergewöhnliches Talent beweisen würde, sich beruflich und politisch neu aufzustellen.

Rückschläge und Tiefpunkte – das war einmal. Mit eisernem Willen, Ehrgeiz und einer Stärke, die die ehemalige First Lady zu einer Spitzenpolitikerin reifen ließ, richtete sie sich jedes Mal wieder neu auf. In der demokratischen Partei ist sie als Präsidentschaftskandidatin einsame Spitzenreiterin. Parteiinterne Gegner wie möglicherweise Senatorin Elizabeth Warren gelten eher nur als Alibi-Konkurrenten.

Selbst das jüngste Buch der Journalistin Kate Anderson Brower mit angeblichen Enthüllungen über die Clintons während ihrer Zeit im Weißen Haus scheint eher dazu angetan, ihr weitere Sympathiepunkte zu bringen. "Gottverdammter Bastard" soll die betrogene First Wife ihren Gatten Bill beschimpft haben. Wegen der publik gewordenen Affäre des Präsidenten mit der Praktikantin Monica Lewinsky soll Hillary soll wütend gewesen sein, dass sie ihm ein Buch an den Kopf donnerte. So heftig, dass der untreue Gespons blutete. Ein Zimmermädchen im Weißen Haus erinnerte sich, dass sie das blutige Bettzeug wechseln musste. Und: Drei Monate lang habe Bill Clinton Ehebettverbot gehabt. Der mächtigste Mann der Welt musste auf einem Sofa nächtigen.

Kritik von Frauen

Dass Hillary ihren ehebrecherischen Mann nicht verlassen hat, nahmen ihr viele Frauen übel. Sie sei nur aus politischem Ehrgeiz geblieben, zumal sich als geschiedene Ex-First-Lady nur schwer politische Karriere machen lasse, wurde ihr vorgeworfen.

Doch die Jahre sollten dieses Image korrigieren: Heute gilt die ehemalige Außenministerin als loyal und fähig, grobe Verletzungen mit Würde zu überstehen.

Gatte Bill dankte es seiner Frau auf seine Weise – die Clinton AG läuft heute wieder wie geschmiert. Während Hillary ihre Kräfte sammelt, grast ihr Mann den für den Wahlkampf vielleicht wichtigsten Bundesstaat ab: Florida. Hunderte Treffen absolvierte er im Sunshine State, trieb Millionen für den Wahlkampf auf. In Florida siegten zuletzt stets die Republikaner. Gewinnt dieses Mal die Demokratin, ist ihr der Gesamtsieg – und damit der Einzug ins Weiße Haus – so gut wie sicher.

Doch für die gebürtige Chicagoerin ist Florida kein einfaches Pflaster. Hier werden auch die vermutlichen republikanischen Kandidaten Jeb Bush und Marco Rubio ihre Heimspiele absolvieren. Bush als zweifacher, ehemaliger Gouverneur von Florida und Jungstar Marco Rubio als Senator des Staates – und noch dazu mit hispanischen Wurzeln. Ein Atout, das in Florida mit seiner starken exil-kubanischen Bevölkerung gut ziehen dürfte. Von beiden Politikern wird erwartet, dass sie in den nächsten Tagen ihre Kandidatur offiziell machen.

Gegen den streng konservativen 43-jährigen Strahlemann Marco Rubio hätte Hillary Clinton einen augenscheinlichen Nachteil – ihr Alter. 69 Jahre wäre sie, wenn sie 2016 als Präsidentin ins Weiße Haus einziehen würde. Dem allerdings kontert man auf demokratischer Seite kühl: Präsident Ronald Reagan, bis heute gefeierter Held der Republikaner, war bei Amtsantritt noch ein Jahr älter.

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