Ungarn nimmt keine Flüchtlinge zurück

Premier Orban setzt europäische Dublin-III-Verordnung einseitig außer Kraft. Brüssel fordert Aufklärung.

Nach ihrer Ankündigung, sich mit einem 175 Kilometer langen und vier Meter hohen Stacheldrahtwall gegen Flüchtlinge zu schützen, hat die Regierung in Budapest einen weiteren Schritt gesetzt, um sich abzuschotten: Premier Viktor Orban setzte einseitig die Dublin-III-Verordnung aus. Demnach sollen keine Flüchtlinge mehr zurückgenommen werden, die über Ungarn als erstes Land EU-Territorium betreten haben.

Schon in den vergangenen Tagen hatte der national-konservative Regierungschef mehrmals betont: Ungarn werde keine Flüchtlinge zurücknehmen – zumal es sich um mindestens 60.000 Menschen handeln dürfte. Allein heuer sind bereits mehr als 50.000 Flüchtlinge illegal in Ungarn eingereist. Fast alle stellen hier ihren Asylantrag oder lassen sich registrieren und reisen dann wenige Tage später in andere EU-Länder weiter.

"Wir alle wünschen uns eine europäische Lösung, aber wir müssen die ungarischen Interessen wahren und unser Bevölkerung schützen", sagt der Regierungssprecher Orbans am Dienstag gegenüber Die Presse. Die Kapazitäten der Flüchtlingsaufnahme sind erschöpft, die Lage eskaliert. "Die Situation schreit nach einer sofortigen Reaktion.“"

"Technische Probleme"

Das Innenministerium in Wien wurde am Montag von Ungarn "auf Beamtenebene darüber informiert, dass Ungarn wegen technischer Probleme die Übernahme von Flüchtlingen aussetzt", sagte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, dem KURIER. Welcher Art die angeführten "technischen Probleme" sind, konnte Grundböck nicht sagen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat mit dem ungarischen Botschafter in Wien telefoniert und um nähere Informationen gebeten. "Wir drängen auf eine möglichst rasche Lösung", betonte Grundböck. Wieviele Flüchtlinge von Österreich nun nicht nach Ungarn zurückgeschoben werden können, weiß er nicht.

Brüssel irritiert

Auch die EU-Kommission wurde am Dienstag von Budapest informiert - und reagierte prompt: Man verlange von Ungarn Aufklärung, ein solcher Schritt sei außerhalb der gemeinsamen Asyl-Regeln der EU. Die Dublin-Regeln sehen eine Aufnahme von Schutzsuchenden im Erstankunftsland innerhalb der EU vor.

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