Ukraine: 200.000 bei Neujahrsprotest

200.000 Menschen sangen zu Silvester die Nationalhymne.
In Kiew sangen pro-europäische Demonstranten die Nationalhymne. Klitschko fordert erneut Neuwahlen.

Rund 200.000 pro-europäische Demonstranten haben in Kiew mit der Nationalhymne das neue Jahr begrüßt. Als die Uhr auf dem Unabhängigkeitsplatz der ukrainischen Hauptstadt Mitternacht zeigte, stimmte die Menge in der Nacht auf Mittwoch in die Hymne ein. Oppositionsführer Vitali Klitschko kritisierte die Politik in seinem Heimatland unterdessen als "Kampf ohne Regeln" und forderte erneut Neuwahlen.

Lichtermeer

Ukraine: 200.000 bei Neujahrsprotest
Pro-European integration supporters take part in New Year celebrations in Independence Square in central Kiev, January 1, 2014. REUTERS/Gleb Garanich (UKRAINE - Tags: SOCIETY ANNIVERSARY)
Der Unabhängigkeitsplatz ist seit mehr als einem Monat Zentrum der Proteste gegen die prorussische Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch. In Nationalflaggen gehüllt, mit Kindern auf den Schultern oder im Kinderwagen, Hand in Hand oder Arm in Arm standen die Menschen in der Silvesternacht auf dem Maidan, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Mit Taschenlampen und Handys entzündeten die Oppositionsanhänger zum Jahreswechsel ein Lichtermeer.

Ende November hatte Janukowitsch offenbar auf Druck Russlands die lang geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU auf Eis gelegt. Seitdem sieht sich die Regierung in Kiew mit anhaltenden Massenprotesten konfrontiert.

Angriff auf Journalistin

Nach russischen Zusagen über vergünstigte Gaslieferungen an Kiew hatte die ukrainische Opposition zuletzt an Zugkraft verloren. Am vergangenen Wochenende gingen jedoch erneut Zehntausende Oppositionsanhänger aus Protest gegen Janukowitsch auf die Straßen. Angefacht wurden die neuen Proteste durch den Angriff auf eine regierungskritische Journalistin. Tetjana Schornowil war zuvor von Unbekannten brutal zusammengeschlagen worden.

Ukraine: 200.000 bei Neujahrsprotest
epa04004846 Fireworks illuminate the night sky above Independence Square as Ukrainians celebrate the 2014 New Year at the pro-European supporters¸Äô tent camp in Kiev, Ukraine, 01 January 2014. Protesters continue to hold their rallies in Kiev. EPA/ROMAN PILIPEY
Oppositionsführer Klitschko forderte, in Zukunft müsse die Politik in der Ukraine nach "denselben Regeln wie im Sport" verlaufen. "Jeder Verstoß gegen die Regeln führt zur Disqualifizierung", sagte Klitschko im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Der Profiboxer, der bei der nächsten Präsidentschaftswahl kandidieren will, schloss nicht aus, dass im Falle eines Sieges die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko Regierungschefin werden könnte. In jedem Falle werde Timoschenko dann aber aus dem Gefängnis entlassen.

Der 42-Jährige bekräftigte seine Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen. Sein Ziel sei eine parlamentarische Republik, in der die präsidentielle Macht beschnitten werde.

Heimliche Beratungen

Nach eigenen Angaben beriet sich Klitschko auch heimlich mit ukrainischen Oligarchen, um deren Unterstützung für den Kampf der Opposition zu gewinnen. Einige von ihnen seien "heimlich" auf dem Maidan gewesen, um dort direkt mit den Demonstranten zu diskutieren. "In privaten Unterhaltungen unterstützen sie meine wesentlichen Prinzipien", sagte Klitschko. "Sie alle sehen, dass sich die Situation dramatisch ändern kann und sie alles verlieren können." Namen nannte der Boxweltmeister nicht.

Das vorbereitete 1.200 Seiten starke Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine besteht aus einer Präambel, sieben Kapiteln, 43 Anhängen und 3 Protokollen. Es ist nach Angaben der EU-Kommission das am weitesten reichende, das die Europäische Union bisher ausgehandelt hat.

Das Abkommen befasst sich nicht nur mit Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und der Schaffung einer Freihandelszone, sondern auch mit der politischen Zusammenarbeit. Darin wird eine enge Kooperation in der Außenpolitik, in Justiz- und Grundrechtsfragen vereinbart.

Der Vertrag sieht eine ständige und schrittweise Anpassung von Vorschriften und Normen in der Ukraine an die Standards der EU vor. Das Spektrum reicht von Urheberrechten über Beschaffungsvorschriften und Wettbewerbsgesetze bis hin zu Vorschriften über den Finanzmarkt oder den Verkehr. Der Markt der EU wird fast vollständig für die Ukraine geöffnet - und umgekehrt. In verschiedenen Bereichen gibt es Übergangsfristen.

Sofern bestimmte rechtliche, organisatorische und politische Voraussetzungen erfüllt sind, sollen die Ukrainer auch ohne Visa in die EU reisen dürfen. Auch im Energiebereich ist eine enge Zusammenarbeit vorgesehen.

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