Angriffe auf Journalisten häufen sich
Einige Schreibtische, eine Handvoll Computer, Kamera-Equipment, eine starke Internetverbindung – das ist hromadske.tv, derzeit so etwas wie die Speerspitze des regierungskritischen Journalismus in der Ukraine. Untergebracht auf 50 Quadratmetern in einem Bürobau am Rand von Kiew. Gesendet wird im Internet.
Journalismus ist kein leichtes Handwerk in der Ukraine der Gegenwart – und mitunter ein gefährliches. Erst am Mittwoch war die Journalistin Tetyana Chernovil von der Ukrainska Pravda bei einem offensichtlich gezielten Angriff schwer verletzt worden. Auch bei hromadske.tv kennt man solche Vorfälle. Eine Woche, nachdem der Sender im November den Betrieb aufgenommen hatte, wurden einem Reporter bei einem Überfall von Schlägern Speichermedien abgenommen. Seit Beginn der Proteste gegen die Regierung und für eine Annäherung an die EU häufen sich solche Angriffe. Viele ukrainische Journalisten sehen bereits weißrussische Verhältnisse mit offener Zensur heraufdämmern.
Linientreue
Seit dem Amtsantritt von Präsident Viktor Janukowitsch hat sich in der Medienlandschaft der Ukraine viel getan. Einst unabhängige Medien haben ihre Linie geändert, wie das zuvor stets um Objektivität bemühte Magazin Korrespondent. Es wurde an den 27-jährigen Multimillionär Sergej Kurchenko verkauft, dessen Werdegang niemand so recht nachvollziehen kann. Zugerechnet wird er dem Kreis um Janukowitsch. Korrespondent ist jetzt linientreu.
Ebenso verhält es sich mit einer Reihe TV-Sendern und Zeitungen, die sich nach Eigentümer-Rochaden jetzt in unklaren Besitzverhältnissen befinden. Begleitet wurden diese Übernahmen oft von Überfällen von Schlägern. So etwa beim Sender TVi. Die Folge war ein Exodus an Journalisten. Viele gingen zu hromadske.tv.
Registriert ist der Kanal als NGO. Finanziert wird er durch Spenden und ausländische Förderungen. 14 Stunden Programm werden täglich ins Internet gestellt, die Seherzahlen können sich mit großen Kanälen messen. „Wir wollen absolut unabhängig sein“, so eine Sprecherin. Alle Mainstream-Medien, so sagt sie, würden Oligarchen unterstehen und deren Interessen vertreten. Das sei eine Art Mode: „Große Oligarchen kaufen große Fußballclubs und TV-Sender. Kleine Oligarchen kaufen kleine Clubs und eine Zeitung.“
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