Tunesien wartet auf den Aufschwung

Fünfter Jahrestag der Jasmin-Revolution. Feiern in Tunis.
Fünf Jahre nach dem Sturz von Ben Ali kämpft die neue Demokratie mit Problemen.

Auf der Avenue Habib Bourguiba hängen die roten Fähnchen mit dem Halbmond und dem Stern. Luftballons mit demselben Aufdruck werden zu Dutzenden verkauft. T-Shirts, Schlüsselanhänger, Stirnbänder, Tücher. Autos sind damit verziert, Fenster, Geschäfte.

Am 14. Jänner 2011, genau vor fünf Jahren, war der autokratisch herrschende Präsident – samt seiner verhassten Frau Laila Trabelsi – ins saudische Exil geflohen. Wochenlange Proteste und der drohende Sturm des Präsidentenpalastes hatten ihn dazu gebracht, sein Amt zu verlassen und um sein Leben zu laufen.

Tunesien wartet auf den Aufschwung
In this image made from Channel 7 Tunisia TV Tunisian President Zine El Abidine Ben Ali is seen making a speech in Tunis, on Thursday Jan. 13 2011. Violent anti-government protests drove Tunisian President Zine El Abidine Ben Ali from power Friday Jan. 14 2011 after 23 years of iron-fisted rule, as anger over soaring unemployment and corruption spilled into the streets. (AP Photo / Channel 7 Tunisia) TUNISIA OUT

Die Proteste hatten begonnen, als sich am 17. Dezember der junge Gemüsehändler Mohamed Bouazizi in der kleinen Stadt Sidi Bouzid im Landesinneren vor der Polizeistation selbst anzündete – er starb ein paar Tage später. Bouazizi hatte gegen Umstände demonstriert, die junge Tunesier jahrelang frustrierte: Die Behördenwillkür, Perspektivenlosigkeit der Jugend, die soziale und regionale Ungleichheit (Gelder gingen meist an die Küstenregionen, selten an die bedürftigen Regionen im Landesinneren).

Demokratischer Prozess

Durch den Sturz Ben Alis erreichte die starke tunesische Zivilgesellschaft, die in der mächtigen Gewerkschaft UGTT ein starkes Standbein hat, tatsächlich den friedlichen Übergang zur Demokratie. Ein Übergangsparlament wurde gewählt, 2014 eine Verfassung ausgearbeitet, die – trotz Mehrheit der konservativ islamischen Ennadha-Partei – keinen Verweis auf die Sharia beinhaltet. Danach wurden Parlament und Präsident gewählt. Seit Februar ist die neue Regierung im Amt, die von der liberalen Partei Nidaa Tounes geführt wird. Sie koaliert mit der Ennahdha. Zumindest auf den ersten Blick scheint politische Vielfalt heute, im Gegensatz zu der Zeit Ben Alis, möglich.

Doch fünf Jahre später geht es den unterentwickelten Regionen kaum besser. In Sidi Bouzid blieb der wirtschaftliche Aufschwung ebenso aus, wie im Rest des Landes.

Dort, im tunesischen Hinterland, haben sich radikale Islamisten angesiedelt. Tunesien stellt mit knapp 6000 die meisten Syrien-Kämpfer und wurde im vergangenen Jahr durch drei islamistische Anschläge erschüttert. Der Tourismus liegt im Argen, auf Investitionen aus dem Ausland wartet man immer noch. Der Polizei wird erneut Folter vorgeworfen.

Auf der Allee Bourguiba steht ein kleines Mädchen, eingewickelt in ein Tunesien-Tuch. "Der einzige Handel, der in den letzten fünf Jahren florierte, ist der Verkauf der tunesischen Flagge", spottet ein junger Tunesier.

Tunesien wartet auf den Aufschwung
A woman holds a balloon depicting the Tunisian national flag during celebrations marking the fifth anniversary of Tunisia's 2011 revolution, in Habib Bourguiba Avenue in Tunis, Tunisia January 14, 2016. REUTERS/Zoubeir Souissi

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