Terror in Paris: Auf der schiefen Bahn zum IS

Das Vorleben der Attentäter mit Gewalt, Alkohol und Drogen: Erst waren sie radikal – dann religiös.

"Wie eine Selbstmordattentäterin hat sie nicht ausgesehen", sagte eine Nachbarin von Hasna Aitboulahcen zu der Zeitung Le Républicain Lorrain. Cowboyhut, Jeans oder Jogginghosen, Schminke und Kaputzenpullis gehörten zu den Outfits der extrovertierten 26-jährigen Französin mit marokkanischem Vater. Manchmal begann sie im Stiegenhaus einfach zu rappen.

Hasna Aitboulahcen soll ein "lockeres" Leben geführt haben. Sie sei viel ausgegangen, habe Alkohol getrunken und geraucht. Wegen Drogendelikten hatte sie Stress mit der Polizei. Im Internet postete sie ein Selfie – nackt im Schaumbad. "Nichts, was sie tat, hat etwas mit dem Islam zu tun", ist der Tenor unter Muslimen in sozialen Medien. "Ich habe sie nie mit einem Koran gesehen", sagte ihr Bruder Youssouf der Daily Mail. "Gehirnwäsche" habe sie in den Tod getrieben, glaubt die Mutter, mit der sie bis vor Kurzem im Pariser Vorort Aulnay-sous-Bois zusammenwohnte.

Besessen vom Dschihad

Den Nikab hatte sie auch erst vor wenigen Wochen über ihrem blondierten Haar zu tragen begonnen. In kurzer Zeit war sie plötzlich "besessen vom Dschihad". Auf Facebook postete sie: "Bald gehe ich nach Syrien, inshallah." Darunter ein Foto von Aitboulahcen mit Kopftuch und Victory-Zeichen. Im IS-Gebiet war sie nie.

Nun wurde sie bekannt als Gefährtin der islamistischen Terroristen im Pariser Stadtteil Saint Denis. Anders als zunächst vermutet, hat sie sich nicht in der von der Polizei gestürmten Wohnung in der Rue du Corbillon selbst in die Luft gesprengt. Dagegen hat offenbar ein noch nicht identifizierter Mann eine Selbstmordbombe gezündet, die wiederum die junge Frau mit in den Tod gerissen haben soll. Ihre Rolle am 13. November ist ebenso wenig geklärt, wie ihr Verwandtschaftsverhältnis zu dem Drahtzieher der Paris-Attentate, Abdelhamid Abaaoud. Es soll ihr Telefon gewesen sein, das die Ermittler am Mittwoch zur Wohnung führte.

Insgesamt drei Menschen starben bei der siebenstündigen Razzia in Saint Denis, darunter Aitboulahcen und Abaaoud.

Katholische Eliteschule

Der 28-jährige Belgier stammte aus dem Brüsseler Problemviertel Molenbeek aus ärmlichen Verhältnissen. Doch sein Vater hatte beruflich Erfolg und Abdelhamid, eines von sechs Kindern, kam mit zwölf in eine katholische Privatschule. Nach nur einem Jahr flog er raus und geriet auf die schiefe Bahn. Dann lernte er die Brüder Salah und Brahim Abdelslam kennen – später seine Partner im Terrorkommando von Paris.

Es folgen Drogendelikte, Schlägereien, Trunkenheit. Abaaoud war – wie viele andere junge Islamisten in Molenbeek – schon radikal, bevor er Islamist wurde, beschreibt es ein Polizist in der Zeit: "Der IS legitimiert nur ihr Straßengewalt-Credo".

2011 musste er ins Gefängnis. Dort wurde er zum Islamisten. Er soll zumindest vier der jüngsten Anschläge in Frankreich orchestriert haben. Als Drahtzieher der Paris-Attacken vermuteten die Ermittler ihn ursprünglich in Syrien. Doch gefunden wurde er fünf Tage nach dem Anschlag in Saint Denis.

Mindestens sechs der acht Paris-Bomber verbrachten 2015 Zeit in Syrien, wo sie radikalisiert und trainiert wurden, darunter auch die Brüder Abdelslam und Bilal Hadfi, der jüngste der Attentäter.

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