Assads Jets greifen Al-Rakka an

Al-Rakka nach dem syrischen Angriff – getroffen wurden Wohngebiete und Industrieviertel.
Luftangriff auf die Hauptstadt des IS – ein Bombardement des Regimes als politische Botschaft.

Headlines in syrischen Staatsmedien: Ein Budget für 2015 wurde verabschiedet, der Präsident hat sich mit Algerien über den Kampf gegen den Terror beraten, neue Gouverneure für längst verloren geglaubte Regionen wurden angelobt, Russlands Außenminister Lawrow kritisiert die USA wegen deren Haltung zu Syrien. Das syrische Regime hat sich gut eingerichtet in der Rolle als Speerspitze im „Kampf gegen den Terror“ – mit russischer Rückendeckung.

Jetzt geht man in die Offensive: Bei mindestens zehn Angriffen syrischer Kampfjets auf Al-Rakka, „Hauptstadt“ der Terrormilizen des „Islamischen Staates“ (IS), starben laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) rund 100 Menschen.

Der Angriff passt so gar nicht ins Muster der vergangenen Wochen: Denn Rakka sowie die ostsyrischen Gebiete unter IS-Kontrolle wurden bisher von der US-geführten Allianz gegen den IS bombardiert – als gäbe es eine Abmachung. Der Erfolg dieser Angriffe war bisher enden wollend. Assad aber kamen sie durchaus entgegen: Ohne sich aus der Luft sonderlich um den IS kümmern zu müssen, konnte sich seine Luftwaffe ganz jenen verblieben Rebellengruppen widmen, die nicht mit dem IS verbündet sind.

Bei genau diesen Gruppen sorgte diese Aufgabenteilung für Entsetzen: Nach drei Jahren Krieg, Hunderttausenden Toten und laut jüngsten UN-Zahlen 12,2. Mio. Hilfsbedürftigen infolge des Krieges sowie reihenweise nicht eingelösten Versprechen des Westens fühlt man sich im Stich gelassen. Für das NATO-Land Türkei war diese Aufgabenteilung bisher Hauptgrund, der Allianz nicht beizutreten. Auch Assads Streitkräfte müssten von der Allianz ins Visier genommen werden, und man müsse auf einen Regimewechsel in Damaskus hinarbeiten, so Ankara. Und Russland? Moskau hatte seit Ausweitung der Luftangriffe gegen den IS auf syrisches Gebiet immer auf einen UN-Beschluss und eine formelle Einbindung Assads gepocht.

Fest im Sattel

Laut SOHR wurden bei dem Angriff auf Rakka Wohn- und Industrieviertel getroffen. Der Angriff dürfte wohl weniger militärische Gründe gehabt haben als politische: Es war eine Machtdemonstration. Syriens Luftwaffe war zuletzt dazu übergegangen, vor allem mit Sprengstoff gefüllte Fässer von Hubschraubern abzuwerfen – simpel, tödlich und vor allem billig. Die Botschaft des jetzigen Angriffs lautet: An uns kommt ihr nicht vorbei, wir sitzen fest im Sattel, mit uns müsst ihr reden. Und vor allem: Zu uns gibt es keine Alternative.

Anti-IS-Allianz berät

Am kommenden Mittwoch kommt es auf Einladung der USA im Brüsseler NATO-Hauptquartier zu einem hochrangigen Treffen (Ministerebene) der Länder der Anti-IS-Allianz. Bis zu 60 Bündnispartner werden erwartet.

Vollverschleierungen für Ärztinnen, keine Nachtdienste für Frauen etc.: Laut einem Bericht der Washington Post sollen strenge Verhaltensregeln an den Krankenhäusern in der nordirakischen Stadt Mosul einen Ärzteschwund zur Folge gehabt haben. Eingeführt hatte die Regeln der "Islamische Staat". Mosul im Norden ist die einzige Großstadt, die der IS unter seine Kontrolle gebracht hat.

Laut Spiegel online sollen Extremisten des IS einem Narkosefacharzt verboten haben, eine Schwangere zu behandeln, bei der die Wehen eingesetzt hatten. Demnach sei es unanständig für einen Mann, die Frau eines anderen Mannes bei der Geburt zu sehen. Allerdings soll es in der Zwischenzeit Sonderregelungen beim Nachtarbeitsverbot für Geburtshelferinnen geben. Es gibt aber auch Berichte über Patienten, die geschlagen wurden, nachdem sie sich IS-kritisch geäußert haben sollen.

Die meisten Ärzte beziehen laut Spiegel angeblich ihr Gehalt immer noch aus Bagdad und nicht vom neuen Staat des IS. Viele Mediziner sind nun geflohen, nach Bagdad oder Kirkuk.

Auch ein Ultimatum des IS scheint nicht gefruchtet zu haben. Die Extremisten drohten den geflohenen Ärzten mit der Beschlagnahmung ihres zurückgebliebenen Besitzes, sollten sie nicht zurückkehren. Der Erfolg dieser Drohung scheint ausgeblieben zu sein: Inzwischen wurde laut Washington Post zum Beispiel die geltende Geschlechtertrennung in Krankenhäusern zum Teil aufgeweicht.

Bei der groß angelegten Anti-Terror-Razzia der bulgarischen Sicherheitskräfte am Dienstag ist nach Angaben eines Mitarbeiters der Sicherheitsagentur DANS eine IS-Terrorzelle ausgehoben worden. Die Aktion von DANS und Staatsanwaltschaft in Roma-Vierteln in mehreren Städten des Landes sei auf konkrete Angaben über Hintermänner der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) in Bulgarien zurückzuführen.

"Bei dem Einsatz konnte eine IS-Terrorzelle im Keim erstickt werden", teilte ein DANS-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, der Sofioter Tageszeitung Standard (Mittwochausgabe) mit. Bei der Razzia am Dienstag wurden insgesamt mehr als 20 Verdächtige festgenommen, darunter auch der bereits vorbestrafte Imam aus der südbulgarischen Stadt Pazardschik, Achmed Mussa Achmed. Der bulgarische Geheimdienst hatte ihn zuvor beobachtet und verdächtigt ihn nun, nicht nur radikalen Islamismus in den Roma-Vierteln in Südbulgarien zu verbreiten, sondern auch die Rekrutierung von IS-Kämpfern in Syrien und im Irak vorbereitet zu haben.

Razzien im Süden Bulgariens

Bei den Razzien wurden mehr als 40 Gebäude in den Roma-Vierteln von Pasardschik, Plowdiw, Assenowgrad, Smoljan und Haskowo in Südbulgarien durchsucht. Dabei wurden Bücher und Laptops beschlagnahmt und mehr als 100 Einwohner vernommen. Angenommen wird, dass Achmed Mussa Achmed und seine Anhänger via Internet einen aktiven Kontakt zum IS unterhalten haben. Noch sei nicht eindeutig nachgewiesen, dass sie Kämpfer für den IS rekrutiert oder Anschläge in einem EU-Land geplant haben, zitierte der bulgarische Standard den anonymen Geheimdienstmitarbeiter. Zu den Festgenommenen gehört auch der Imam im Roma-Viertel in Plowdiw, dem die Staatsanwaltschaft unter anderem vorwirft, illegalen Menschenschmuggel zu betreiben.

Der Hauptverdächtige Achmed Mussa Achmed ist seit Jahren Imam in der Abu-Bekir-Moschee im Roma-Viertel von Pasardschik. Die Moschee steht allerdings nicht unter der Obhut des Muftirats in Bulgarien und ist gar nicht als Gebetshaus im Immobilienregister der Stadt eingetragen, sondern als Privathaus.

Achmed Mussa Achmed

In der bulgarischen Presse sickerten am Mittwoch Informationen über den 39-jährigen Geistlichen durch, der in den ersten Jahren nach der Wende 1989 ein passionierter evangelischer Pastor gewesen sein soll. 1995 reiste er als Gastarbeiter nach Österreich und konvertierte dort zum Islam. Nach einer Ausbildung an der muslimischen Schule in Sarnitza, Südbulgarien, und einem religiösen Studium in Ägypten war Mussa zehn Jahre lang Religionsgelehrter in Tschirpan, nahe Pasardschik.

2004 wurde er wegen Verbreitung radikaler Religionsliteratur in der von ihm gegründeten Abu-Bekir-Moschee in Pasardschik festgenommen. Es folgten eine dreijährige Bewährungsstrafe und im März desselben Jahres eine einjährige Freiheitsstrafe wegen Verbreitung religiösen Hasses und der Mitgliedschaft in der radikalen islamischen Organisation Al Waqf Al Islami (AWAI), die in den USA und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft wird. Gegen das Urteil des Stadtgerichts in Pasardschik legte er Berufung ein und befand sich deshalb auf freiem Fuß. Der Staatsanwaltschaft liegen Informationen vor, dass Achmed Mussa Achmed auf einer Versammlung von Islamisten in Istanbul als "Verantwortlicher für die Verbreitung des Islams in allen Roma-Vierteln in Bulgarien" vorgestellt worden sei.

Über die Aktion am Dienstag will die Staatsanwaltschaft am Donnerstag eine Pressekonferenz in Sofia abhalten. Gleichzeitig soll Geheimdienstchef Wladimir Pissantschew das Parlament in einer Sitzung hinter geschlossenen Türen über die Razzia informieren.

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