Sümmeye Erdogan: "Männer arbeiten härter"

Die Tochter des konservativen Präsidenten propagierte in einer Rede offen die Benachteiligung der Frauen.

Eigentlich sind in der Türkei Männer und Frauen im Erbrecht gleichberechtigt. Nach Auslegung des Koran sieht die Sache offenbar anders aus. Sümmeye Erdogan, die Tochter des türkischen Staatspräsidenten Tayyip Erdogan sagte in einer Rede in Brüssel, dass es nach islamischen Recht üblich sei, dass Frauen weniger erben, weil Männer mehr Verantwortung tragen würden. Männer seien dafür verantwortlich, "Brot nach Hause zu bringen", deswegen sei es nur "normal, fair, und gerecht", wenn sie einen größeren Erbanteil abbekommen würden, zitierte jüngst die Tageszeitung "Hürriyet" die Tochter des Präsidenten.

Sie kritisierte, die Geschichte der westlichen Länder sei "schlimmer, wenn es um die Unterdrückung der Frauen geht", als es die islamischen Länder seien. Sümeyye Erdogan ist Co-Vorsitzende des islamisch-konservativen Frauenverbandes "Kadem", sie ist die jüngere der beiden Töchter Erdogans. Türkischen Medien berichten, dass die 30-Jährige eine Kandidatur bei den für 7. Juni geplanten Parlamentswahlen anstrebt.

"Frauen sollen zuhause bleiben"

Mit ihren Forderungen unterstützt der Politsprössling die islamisch-konservative Haltung ihres Vaters und der AKP-Regierung. "Die Regierung macht uns Frauen das Leben immer schwerer", kritisiert Fatma Aydin von der Frauenorganisation "Kader in Istanbul". "Frauen sollen zuhause bleiben, während Männer ihr Leben draußen genießen dürfen", sagt Aydin.

Tatsächlich strebt Erdogan eine traditionelle Rollenaufteilung an. "Man kann Frauen und Männer nicht gleichstellen. Es läuft der Natur zuwider", hatte der Präsident im November bei einer Konferenz zum Thema "Frauen und Gerechtigkeit" seine Auffassung der Rollenaufteilung zwischen den Geschlechtern umrissen. Gelegentlich fordert er die Türkinnen dazu auf, mindesten drei Kinder zu gebären, denn: "Wir müssen unsere Nation unterstützen."

Berichte über Misshandlungen

Fast täglich berichten Medien über misshandelte Ehefrauen und ermordete Töchter. Im Februar löste der Vergewaltigungsversuch und die Ermordung einer 20-jährigen Studentin im südtürkischen Tarsus eine Debatte über die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen aus, tausende Menschen protestierten landesweit für einen stärkeren Schutz von Frauen. Erdogan kritisiert daraufhin, Frauenbewegungen seien "unislamisch" und hätten "nichts mit unserem Glauben und unserer Kultur zu schaffen".

Schon seit Jahren warnen Frauenrechtsorganisationen davor, dass die Gewalt gegen Frauen stetig zunimmt. Nach Zählungen des unabhängigen Onlineportals "Bianet" wurden im letzten Jahr 281 Frauen von Männern ermordet. Im Jahr 2013 gab es 214 weibliche Opfer. Die Dunkelziffer, sagt Frauenrechtlerinnen Aydin, dürfte um einiges höher liegen. Laut "Bianet" sei die Gefahr, von einem Mann ermordet zu werden für eine Frau größer, als bei einem Autounfall umzukommen.

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