"Spiegel": Strauß soll Schmiergelder kassiert haben

Der 1988 gestorbene bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß während einer Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtag 1985 in München (Archivfoto).
Bisher unbekannte Akten sollen das belegen. Echte Gegenleistungen hätten die Firmen offenbar nicht erhalten.

Der 1988 verstorbene Politiker Franz Josef Strauß soll Schmiergelder kassiert haben. Das schreibt "Spiegel Online" am Freitag. Demnach habe sich der ehemalige Verteidigungs- und Finanzminister sowie zuletzt Ministerpräsident von Bayern jahrelang mittels einer Briefkastenfirma von Unternehmern schmieren lassen.

Dies belegen laut "Spiegel Online" bisher unbekannte Akten des Eureco Büro für Wirtschaftsberatung GmbH und Co. KG, die der Politikwissenschaftler Peter Siebenmorgen bei Recherchen für seine Strauß-Biografie (Siedler Verlag) gefunden habe.

Gegründet wurde das Büro den Angaben zufolge 1964 von Strauß, seiner Gattin Marianne und dem Rechtsanwalt Reinhold Kreile, der mit einer Treuhand-Konstruktion dafür sorgte, dass der Name Strauß im Zusammenhang mit Eureco nirgendwo auftauchte.

Die Liste der Unternehmen, die Strauß über das Büro Geld gezahlt hätten, reiche von BMW und Bertelsmann über Daimler-Benz und Dornier bis hin zu Firmen aus dem Flick-Imperium und der Taurus-Film GmbH des Medien-Moguls Leo Kirch, so "Spiegel Online". Allein in den Jahren 1964 bis 1968 hätten sich die Zahlungen auf insgesamt 490.892 Mark addiert. "Eine für die damalige Zeit immense Summe: Das Jahresgehalt eines Bundesministers betrug seinerzeit etwa 90.000 Mark", so das Hamburger Magazin.

Echte Gegenleistungen hätten die Firmen für ihr Geld offenbar nicht erhalten. Die Verträge, die Eureco mit den Unternehmen abgeschlossen haben, seien sehr vage gefasst gewesen, meist sei es um volks- und betriebswirtschaftliche Beratungen aller Art gegangen.

Am Rande der Legalität

Dass derlei Geschäfte am Rande der Legalität gewesen seien, sei den Beteiligten allem Anschein nach klar gewesen. "Über die praktische Tätigkeit der Gesellschaft verständigen wir uns am besten mündlich", schrieb Kreile an Strauß. Vom "Spiegel" mit den Eureco-Dokumenten konfrontiert, lehnte Kreile jede Stellungnahme ab. Seine anwaltliche Schweigepflicht verbiete ihm, über Eureco zu sprechen. Er legte jedoch wert auf die Feststellung, dass die "an die Eureco geleisteten Beratungshonorare ohne jegliche Beanstandung seitens der Finanzämter blieben". Strauß war von 1961 bis zu seinem Tod Vorsitzender der CSU. 1978 wurde er zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Zwei Jahre später trat er bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat der Union gegen SPD-Amtsinhaber Helmut Schmidt an - und scheiterte.

Die Beziehung zwischen dem "Spiegel" und Strauß war seit 1962 durch eine Affäre geprägt, die das Verhältnis von Politik und Medien in Deutschland nachhaltig veränderte. Nach einem kritischen "Spiegel"-Artikel über die Bundeswehr wurde die Hamburger Zentrale des Magazins durchsucht. Mehrere Redakteure werden festgenommen, darunter Herausgeber Rudolf Augstein. Ihr großer Gegenspieler war der damalige Verteidigungsminister Strauß. Am Ende ging der "Spiegel" als Gewinner aus der Affäre hervor

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