Kalter Krieg bis in die Arktis

Militärdoktrin: Ein Drittel mehr Geld für Aufrüstung gegen die NATO.

Russlands Verteidigungsministerium arbeitet bereits an der Umsetzung der neuen Militärdoktrin, die Präsident Wladimir Putin kurz vor Jahresende 2014 in Kraft setzte. Sie trägt nach akuter Verschlechterung der Beziehungen zum Westen den neuen Realitäten Rechnung. Die NATO wird zwar nicht direkt als Gegner bezeichnet, von ihr, so heißt es im Text, gehe aber die größte Bedrohung für Russland aus. Das findet Niederschlag im neuen Verteidigungsplan, der zwischen 2016 und 2020 umgesetzt werden soll. Grundzüge stellte Verteidigungsminister Sergei Schoygu jetzt vor.

Vorrang hat ihm zufolge die Verbesserung der Verteidigung der Exklaven (Kaliningrad und Krim) sowie der Arktis. Der Klimawandel macht Förderung und Erschließung der dort lagernden und von mehreren Anrainern beanspruchten Öl- und Gasvorkommen zunehmend rentabel und die Nordost-Passage – die kürzeste Seeverbindung zwischen Europa und Fernost – ganzjährig befahrbar. Für Handels- und Kriegsschiffe.

War Moskau vor der Ukraine-Krise vor allem wegen US-Plänen zur Stationierung von Raketenabwehr in Mittelosteuropa besorgt, sind es jetzt Aktivitäten von Luftwaffe und Marine der NATO in der Ostsee, im Schwarzen und im Europäischen Nordpolarmeer.

Die Allianz, so der Chef der Hauptabteilung Sicherheit und Abrüstung im Außenamt, Michail Uljanow, am Dienstag, habe sich 1997 verpflichtet, keine "wesentlichen Kräfte und Mittel" auf dem Territorium neuer Mitglieder zu stationieren. Moskau verfolge die Aufstockung der NATO-Präsenz an seinen Grenzen und werde "im Notfall adäquat reagieren".

Die Duma winkte schon im Oktober, als sie den Haushalt 2015 beschloss, eine Aufstockung der Rüstungsausgaben von satten 33 Prozent durch. Ihr Anteil am Gesamtetat stieg damit von 17,7 auf 21,2 Prozent – trotz eines Einbruchs der Staatseinnahmen von 40 Mrd. Dollar 2014 und schlechter Prognosen.

Dennoch soll die Armee bis 2020 5000 neue Panzerfahrzeuge bekommen, die Luftwaffe allein in diesem Jahr 126 Kampfflugzeuge und 88 neue Hubschrauber, die Kriegsmarine fünf Schiffe und zwei Atom-U-Boote. Zwölf Luftabwehr-Regimente sollen den Raum Moskau und die zentralrussischen Industrieregionen schützen.

Absolute Priorität indes hat die Vervollkommnung strategischer, mit Kernwaffen ausgestatteter Truppen, wie Generalstabschef Waleri Gerassimow schon Ende Dezember erklärte. Dazu soll das Projekt Raketenzug aus der Versenkung geholt werden: eisenbahngestützte, mit Kernsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen, die während des Kalten Krieges gefürchtet waren, weil sie aus der Luft kaum von Güterzügen unterschieden werden können. Der erste Raketenzug soll 2018 durch die Weiten von Mutter Heimat rollen.

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