Gefangenenaustausch wie Agentenkrimi

Der estnische Geheimdienstler Eston Kohver ist wieder frei
Spione wurden wie im kalten Krieg auf einer Brücke übergeben.

Es war eine Szene wie in Zeiten des Kalten Krieges: Mitten auf der Brücke über dem estnisch-russischen Grenzfluss Piusa fand am Samstag ein Agentenaustausch statt. Aus dem russischen Gefängnis wechselte der estnische Inlandsgeheimdienstler Eston Kohver nach Estland, aus estnischer Haft wurde Alexej Dressen entlassen, ehemals aus demselben Dienst, der in Estland wegen Spionage für Russland verurteilt worden war.

Die Freilassung Kovhers wurde von Estland, der EU und der NATO seit über einem Jahr gefordert – Anfang September 2014 war er von Beamten des russischen Geheimdiests FSB festgehalten und verhaftet worden (der KURIER berichtete).

Tallin sprach von einer Verschleppung auf estnischem Territorium, Moskau von einer Festnahme auf russischem Gebiet. Im August wurde Kohver wegen Schmuggels, Spionage, illegalem Grenzübertritt und Waffenbesitz in der westrussischen Stadt Pskov zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Das Verhältnis beider Länder ist vor allem durch die Ukraine-Krise und die folgenden russischen Verletzungen des Luftraums und der Hoheitsgewässer Estlands angespannt. Es gibt gegenseitige Wirtschaftsembargen.

"Ich kann sagen, dass lange Verhandlungen vorausgegangen waren", sagte der estnische Innenminister Hanno Pevkur nach Kohvers Freilassung. Ansonsten gab der Minister zusammen mit dem 44-jährigen Kohver auf einer Pressekonferenz keine Details mehr von sich. Eine Intervention eines Drittlands soll es nicht gegeben haben.

Zeitplan

Doch sowohl Festnahme wie Freilassung werden mit wichtigen internationalen Terminen in Verbindung gebracht. Die Verhaftung oder Verschleppung geschah zwei Tage nach der Beistandsrede von US-Präsident Barack Obama in Tallin: "Estland wird niemals allein dastehen", versprach er damals. Und Kohvers Freilasung wurde nun pünktlich vor dem Treffen heute, Montag, zwischen Obama und dem Kremlchef Putin freigelassen. Putin will dies wohl als Geste der Großzügigkeit verstanden wissen. Die russischen Medien feierten die Freilassung "ihres" Spions als Erfolg. Der 47-jährige Alexej Dressen wurde 2012 in Estland wegen Hochverrats zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt.

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