Polen droht Ungarn zu werden

Die national-konservative EU-kritische Opposition steht vor einem klaren Wahlsieg.

Eine Regierungspartei hat kaum je ein trostloseres Bild geboten als die "Bürgerplattform" (PO) vor den Parlamentswahlen in Polen. Am 25. Oktober wird die national-konservative Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) die Parlamentswahlen gewinnen. Dies sagen die Umfragen voraus sowie die hängenden Köpfe der Regierungspolitiker, der Mitglieder der liberal-konservativen "Bürgerplattform".

Die PiS unter Parteichef Jaroslaw Kaczynski, die von 2005 bis 2007 die Regierung stellte, macht für die Miseren des Landes erfolgreich die PO verantwortlich, die zusammen mit der kleinen Bauernpartei PSL seit 2008 das Land regiert.

Den Auftakt bildete die sogenannte Abhöraffäre im Juni 2014, bei der Spitzenpolitiker der PO und hohe Beamte beim Plausch in Restaurants von Kellnern mittels Wanzen belauscht wurden. Durch den Abdruck der Gespräche im Nachrichtenmagazin Wprost wurde Polens Wählerschaft Zeuge von Mauscheleien, Schmähungen von Konkurrenten sowie Vulgarismen. Die Opposition konnte dabei nicht offiziell als Auftraggeber des Lauschangriffs identifiziert werden – was sich aber noch ändern könnte.

Eliteverein

Die PiS jedenfalls vermochte so den politischen Gegner als machtgeilen Eliteverein darzustellen, weit entfernt vom Volk. Zwar wird Polens Wirtschaftswachstum derzeit auf 3,3 Prozent geschätzt, doch nicht alle spüren den Aufschwung. Die Opposition verspricht darum die Einführung des Kindergeldes, eine Senkung des Rentenalters sowie eine Steuerbefreiung für Niedrigverdiener. In Umfragen liegt die PiS derzeit bei 36, die PO bei nur noch 24 Prozent.

Die Versprechungen scheinen aber mit dem polnischen Haushalt nicht finanzierbar, wie Finanzexperten warnen. Darin liegt die Gefahr für das liberale Milieu in Polen, denn sollte sich die erste Enttäuschung bei den Wählern der PiS einstellen, so könnte wieder die Zeit der Abrechnung beginnen – wie schon vor zehn Jahren. Damals wurden politische Gegner mittels Abhörmethoden und versteckter Kamera im Staatsfernsehen bloßgestellt. Katarzyna Kopacz, Ärztin und Tochter von Premierministerin Ewa Kopacz, bekennt darum, dass sie sofort nach Kanada umsiedeln werde, sollte die PiS gewinnen. Ihr Mann hat die entsprechende Staatsbürgerschaft.

Ins Visier von PiS-Machthabern könnte die Klasse der Besserverdiener geraten, nach dem Vorbild Ungarns unter Viktor Orban. "Es kommt der Tag, an dem wir aus Warschau Budapest machen", so die Ankündigung des EU-skeptischen Jaroslaw Kaczynski schon bei der letzten – allerdings verlorenen – Parlamentswahl 2011.

"Islamisierung"

Auch in der Flüchtlingsfrage ist der 66-Jährige mit dem ungarischen Premier auf einer Linie, er warnte letztens wiederholt vor einer Islamisierung Polens. Eingeschüchtert hat sich Ewa Kopacz nur auf die Aufnahme von 7000 Asylsuchenden festlegen lassen.

So präsent und dominant wirkt der ehemalige Premier Kaczynski erst in den letzten Wochen. Eigentlich soll ja die etwas mildere PiS-Parteikameradin Beata Szydlo im Falle des erwarteten Wahlsieges den Posten der Premierministerin besetzen. Die Regierungspartei sowie die "Vereinigte Linke" und die neue marktliberale Formation "Modernes Polen" verweisen aber permanent auf die Gefahr, dass Kaczynski diese rasch beerben wird.

Neben PiS und PO scheint nur die Partei des Rocksängers Pawel Kukiz mit elf Prozent in den Sejm zu kommen. Der volksnahe Barde strebt dabei eine Koalition mit der PiS an.

Letzte Hoffnung für die PO scheint nun ausgerechnet die Abhöraffäre zu sein – auf Betreiben der Partei soll Beata Szydlo von der polnischen Staatsanwaltschaft befragt werden. Die aktuelle Newsweek hat darauf verwiesen, dass es doch Spuren zum Umfeld der PiS gebe.

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