Britische EU-Gegner werden zur Gefahr für Großparteien

"Bleib ruhig, UKIP kommt": Tassen als Wahlwerbung
Die EU-Austrittspartei UKIP hat nun einen Sitz im Unterhaus – wenige Monate vor den Parlamentswahlen.

Ein Seebad, das seine glanzvollen Zeiten längst hinter sich hat, und eine ehemalige Industriegegend, der die Industrie abhanden gekommen ist: Clacton on Sea und Heywood sind zwei englische Wahlkreise, die wenig gemeinsam haben. Außer eines: Die Enttäuschung ihrer Bewohner über Politik und der Sündenbock, den man für den Niedergang verantwortlich macht: Europa.

Perfektes Terrain für die UKIP, jene Partei, die offen für den Austritt Großbritanniens aus der EU eintritt und ansonsten auf die bei Rechtspopulisten bewährte Ausländerfeindlichkeit setzt. Bei den EU-Wahlen im Frühjahr ist man damit zur stärksten britischen Partei geworden.

Bei den gestrigen Nachwahlen in den zwei Wahlkreisen wollte man erneut Stärke zeigen. Vor allem in Clacton schien es nach letzten Umfragen sicher, dass der Kandidat der UKIP, Douglas Carswell, die Stimmenmehrheit und damit einen Platz im Londoner Unterhaus holen kann - was sich in der Nacht auf Freitag dann auch bestätigt hat, denn Carswell konnte sich gegen die Konkurrenten von Konservativen und Labour-Partei durchsetzen. "Es gibt nichts, was wir nicht erreichen können", sagte er in seiner Siegesrede.

Carswell hatte nämlich schon bisher das Mandat für Clacton, allerdings als Kandidat der Tories, der regierenden Konservativen von Premier David Cameron.

Die aber hat Carswell nun unter viel Begleitlärm verlassen, und so die Neuwahl losgetreten. Cameron, so der Abtrünnige, habe sein Versprechen, Großbritanniens Rolle in der EU neu zu verhandeln, gebrochen.

Tatsächlich steht Cameron unter Druck seines rechten Parteiflügels, wo EU-Gegner den Ton angeben. Für sie sind die EU-politischen Alleingänge der Londoner Regierung, die andere Mitgliedsstaaten vor den Kopf stoßen, halbherzige Kompromisse.

Austritt rückt näher

Die EU, so die Meinung, die sich bei den Konservativen durchsetzt, solle auf einen gemeinsamen Markt reduziert werden. Der Rest sei Sache der Nationalstaaten. Das Referendum über die EU-Mitgliedschaft, das Cameron bis 2017 abhalten will, droht laut Umfragen tatsächlich den Austritt zu bringen. Die UKIP will sich bei den Unterhauswahlen im kommenden Frühjahr ihre Stimmen nicht nur bei den Tories holen. Auch in traditionellen Arbeiterbezirken, und damit Hochburgen der sozialdemokratischen Labour-Partei, wird man immer stärker.

Bei den Nachwahlen am Donnerstag in Heywood schien die Labour-Mehrheit noch ungefährdet. Doch UKIP-Chef Nigel Farage weiß, dass ihm Labour-Chef Ed Miliband in die Hände spielt. Der – eigentlich Pro-Europäer – gibt sich nun halbherzig EU-skeptisch und gilt außerdem als elitär und abgehoben. Damit passt er perfekt in ein weiteres populäres Feindbild der UKIP: Die arrogante politische Kaste in London, die die Sorgen der einfachen Leute nicht versteht.

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