Mehrheit für Amtsenthebung von Rousseff

Jubel im Parlament in Brasilia nach der entscheidenden Stimme
Im Parlament und auf den Straßen brach heftiger Jubel aus. Entscheidung beim Senat.

Das brasilianische Parlament hat für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff gestimmt. Die nötige Mehrheit von 342 Stimmen wurde am späten Sonntagabend (Ortszeit) in Brasilia erreicht. Nach dem Votum im Abgeordnetenhaus muss nun der Senat über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen die 68-Jährige entscheiden.

Emotionale Stimmabgabe

Es kam zu frenetischem Jubel der Gegner von Rousseff im Parlament, als die entscheidende 342. Ja-Stimme abgegeben worden war. Ihre Gegner begrüßten jede Stimme für das Amtsenthebungsverfahren mit lautem Jubel. Mindestes zwei Abgeordnete zündeten sogar Partieknaller mit Konfetti. Jeder Delegierte erläuterte in einem kurzen Statement sein Votum, die emotionale Stimmabgabe dauerte daher fünf Stunden.

Bereits vor Erreichen der nötigen 2/3-Mehrheit hatte Rousseffs linke Arbeiterpartei (PT) allerdings ihre Niederlage eingeräumt. "Die Verschwörer des Staatsstreichs haben hier gewonnen", sagte der Fraktionschef Jose Guimaraes. Rousseffs Regierung erkenne die "vorübergehende Niederlage" an, sagte er. "Der Kampf geht nun im Senat weiter."

Tausende Polizisten

Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich sowohl Gegner als auch Anhänger der Präsidentin. Tausende Polizisten sind im Einsatz. Um die gegnerischen Demonstranten voneinander zu trennen wurde ein zwei Meter hoher Sicherheitszaun über eine Länge von einem Kilometer aufgebaut. Auch in der Großstadt Sao Paulo gingen Hunderttausende Unterstützer und Gegner der Präsidentin auf die Straße.

Mehrheit für Amtsenthebung von Rousseff
epa05264944 Brazilian citizens celebrate the result of the vote in the Lower House concerning the impeachment proceedings for Brazilian President Dilma Rousseff in Rio de Janeiro, Brazil, 17 April 2016. The Lower House ruled in favor of the continuation of impeachment proceedings of Rousseff. Of the 27 political parties represented in the lower house, only seven spoke in favor of the president and cast their vote against an eventual impeachment trial. The impeachment ruling will now go to the Senate, and if approved, Rouseff will be required to abdicate the presidency for nearly six months to face an impeachment trial. The sign held by the demonstrators reads 'Lula in jail', a reference to the former Brazilian President and mentor of Dilma Rouseff, Luiz Inácio Lula da Silva. EPA/ANTONIO LACERDA
Nachdem klar war, dass deutlich die Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht werden wird, kam es zu Feuerwerk und Autokorsos, zuletzt lag die Zustimmung zu der Politikerin der Arbeiterpartei nur noch bei zehn Prozent. An Orten wie der Copacabana in Rio de Janeiro verfolgten die Menschen per Public Viewing die aufgeheizte Abstimmung im Parlament.

Im Senat wird eine Abstimmung im Mai erwartet. Eine einfache Mehrheit würde genügen, um das Amtsenthebungsverfahren in Gang zu bringen. Rousseffs Amtsführung würde in diesem Fall vorübergehend für bis zu 180 Tage ausgesetzt. Ihr derzeitiger Vertreter Michel Temer müsste dann die Amtsgeschäfte übernehmen. Dessen rechtsliberale Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) hatte die Koalition mit der PT aufgekündigt und will die Absetzung der Präsidentin erreichen.

Vorwürfe

Der 68-jährigen ehemaligen Guerilla-Kämpferin wird vorgeworfen, den Haushalt manipuliert zu haben, um ihre Wiederwahl 2014 zu sichern. Die Präsidentin bestreitet die Vorwürfe. Kritiker machen sie außerdem für die schwerste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich.

In Rousseffs Amtszeit fällt auch einer der schwersten Korruptionsskandale des Landes, der sich um den Ölkonzern Petrobras dreht. Die vielen Streitigkeiten lähmen die Regierung seit langem. Doch nicht nur deswegen liegt auf Brasilien derzeit besonderes Augenmerk: Am 5. August beginnen dort die ersten Olympischen Spiele in Südamerika.

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