Mehrheit für Amtsenthebung von Rousseff
Das brasilianische Parlament hat für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff gestimmt. Die nötige Mehrheit von 342 Stimmen wurde am späten Sonntagabend (Ortszeit) in Brasilia erreicht. Nach dem Votum im Abgeordnetenhaus muss nun der Senat über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen die 68-Jährige entscheiden.
Emotionale Stimmabgabe
Es kam zu frenetischem Jubel der Gegner von Rousseff im Parlament, als die entscheidende 342. Ja-Stimme abgegeben worden war. Ihre Gegner begrüßten jede Stimme für das Amtsenthebungsverfahren mit lautem Jubel. Mindestes zwei Abgeordnete zündeten sogar Partieknaller mit Konfetti. Jeder Delegierte erläuterte in einem kurzen Statement sein Votum, die emotionale Stimmabgabe dauerte daher fünf Stunden.
Tausende Polizisten
Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich sowohl Gegner als auch Anhänger der Präsidentin. Tausende Polizisten sind im Einsatz. Um die gegnerischen Demonstranten voneinander zu trennen wurde ein zwei Meter hoher Sicherheitszaun über eine Länge von einem Kilometer aufgebaut. Auch in der Großstadt Sao Paulo gingen Hunderttausende Unterstützer und Gegner der Präsidentin auf die Straße.
Im Senat wird eine Abstimmung im Mai erwartet. Eine einfache Mehrheit würde genügen, um das Amtsenthebungsverfahren in Gang zu bringen. Rousseffs Amtsführung würde in diesem Fall vorübergehend für bis zu 180 Tage ausgesetzt. Ihr derzeitiger Vertreter Michel Temer müsste dann die Amtsgeschäfte übernehmen. Dessen rechtsliberale Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) hatte die Koalition mit der PT aufgekündigt und will die Absetzung der Präsidentin erreichen.
Vorwürfe
Der 68-jährigen ehemaligen Guerilla-Kämpferin wird vorgeworfen, den Haushalt manipuliert zu haben, um ihre Wiederwahl 2014 zu sichern. Die Präsidentin bestreitet die Vorwürfe. Kritiker machen sie außerdem für die schwerste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich.
In Rousseffs Amtszeit fällt auch einer der schwersten Korruptionsskandale des Landes, der sich um den Ölkonzern Petrobras dreht. Die vielen Streitigkeiten lähmen die Regierung seit langem. Doch nicht nur deswegen liegt auf Brasilien derzeit besonderes Augenmerk: Am 5. August beginnen dort die ersten Olympischen Spiele in Südamerika.
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