Kreml-Liste: Wer nicht nach Russland reisen darf

CDU-Politiker Wellmann (r.) war in Moskau die Einreise verwehrt worden - wieso ist nicht klar.
Botschaften sollten "antirussische" Bürger auflisten - die russische Vertretung in Wien schweigt dazu.

Jetzt ist es praktisch offiziell: Russland hat eine Liste von Personen, denen die Einreise verwehrt wird. Das berichtete die staatsnahe Agentur Sputnik unter Berufung auf diplomatische Kreise - in anderen Worten: das Außenministerium. Neuerlich hochgekocht waren Gerüchte über die Existenz einer solchen Liste, nachdem CDU-Politiker Karl-Georg Wellmann in Moskau die Einreise verweigert worden war. Berlin protestierte.

Das regierungstreue Nachrichtenportal Sputnik berichtete jetzt, die russischen Botschaften in Staaten, die "restriktive Maßnahmen gegen Russland beschlossen haben" (gemeint sind EU-Staaten sowie die USA und Kanada), seien beauftragt worden, Listen von Bürgern zusammenzustellen, die "eine antirussische Politik" betrieben. Die Zeitung Iswestija hatte zuvor berichtet, 200 Namen stünden auf einer solchen Liste. Darunter 60 US-Bürger, 13 Kanadier und 15 Ungarn. Unter Berufung auf das Präsidialamt hieß es, eine Ausweitung werde nicht ausgeschlossen.

Seitens der russischen Botschaft in Wien wollte man all das und ob Österreicher auf der Liste stehen mit keinem Wort kommentieren. Laut dem Sputnik-Bericht können sich Russland-Reisende aber vorab bei zuständigen Botschaften erkundigen.

Bereits vor der Beerdigung des ermordeten russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow war europäischen Politikern die Einreise nach Russland ohne Angabe von Gründen verweigert worden. So etwa dem Sprecher des polnischen Senats, Bogdan Borusewicz. Ebenso der lettischen Europa-Abgeordneten Sandra Kalniete. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte das als "Affront" bezeichnet.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in der russischen Duma, Alexej Puschkow, sprach indes davon, dass die Sanktionen des Westens und Russlands heute "auf Augenhöhe" seien.

Spekuliert wird nun aber, wieso gerade Wellmann auf der Liste landete. Formal-politisch ist er Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe sowie Russland-Berichterstatter der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss. Er ist aber auch einer der Mitbegründer der vom ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch finanzierten, von Michael Spindelegger geleiteten und in Wien ansässigen Agentur zur Modernisierung der Ukraine. Firtasch war bisher keinesfalls als Russland abgeneigter Unternehmer, wenn nicht viel eher als Kreml-Vertrauter in Erscheinung getreten. In Medien ventilierte Gerüchte, die Einreiseverweigerung Wellmanns könne mit seinen Aktivitäten in der Firtasch-Agentur zu tun haben und auch andere Agentur-Mitarbeiter – etwa Michael Spindelegger – könnten von Russland "gelistet" sein, weist der Sprecher der Agentur, Bernhard Schragl, vehement zurück. Man gehe vielmehr davon aus, dass Wellmanns Aussagen über den Krieg in der Ukraine dahinter stünden. Dahingehend hatte sich Wellmann wiederholt äußerst Russland-kritisch geäußert.

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