Kosovo: Mit vollem Anlauf in die Krise

Aus dem Ruder gelaufene Proteste der Opposition in Pristina: Molotowcocktails gegen Polizeiautos.
Gewalttätige Proteste mit Tränengas: Kosovos Opposition will die Regierung in Pristina stürzen.

Widerstand mit allen Mitteln – letztlich auch mit Tränengas, Molotowcocktails und Prügeleien mit der Polizei. Bei ihrer zuletzt immer heftigeren Agitation gegen die Koalitionsregierung in Pristina lief der Kampf der radikal-nationalistischen Opposition am Wochenende vollends aus dem Ruder. Tausende Menschen marschierten in der Hauptstadt des kleinen Balkanstaates Kosovo auf, um zum Sturz der Regierung aufzurufen. Die Proteste endeten in wahren Prügelorgien mit der Polizei, unzählige Brandsätze wurde auf Parlament und Regierungssitz geschleudert.

Katzenjammer ist nicht angesagt, denn in den Reihen der größten Oppositionspartei, der Vetvendosje ("Selbstbestimmung"), wähnt man sich im wütenden Kampf gegen Regierungschef Isa Mustafa (LDK) und dessen Außenminister Hashim Thaci (PDK) in vollem Recht.

Diese wollen das vor zwei Jahren unter Druck der EU abgeschlossene sogenannte "Normalisierungsabkommen" mit Belgrad endlich umsetzen. Doch in der Bevölkerung des Landes stößt das Abkommen auf bittere Ablehnung: Man fürchtet, dass die serbische Minderheit in Norden des Landes und durch die besseren Autonomierechte dort eine Art Parallelstaat bilden. Mit höchst fragwürdigen Mitteln kämpft die Opposition dagegen an: Zuletzt zündeten Abgeordnete der Vetvendosje mehrmals Tränengas-Kartuschen im Parlament, als über das Abkommen abgestimmt werden sollte. Seit Oktober ist das Parlament in Pristina praktisch blockiert. Offen fordert die Opposition, der auch noch die Kleinparteien Nisma und die AAK von Kurzzeit-Ex-Premier Ramush Haradinaj angehören, den Sturz der ungeliebten Regierung.

Wut der Wähler

Hintergrund der sich weiter aufschaukelnden Krise aber ist die tiefe Feindschaft, mit der sich Regierung und Opposition gegenüberstehen. Denn nach einem starken Abschneiden der Opposition bei den Wahlen im Jahr 2014, das vor allem der Abscheu vieler Kosovaren gegenüber der Korruption ihrer politischen Elite geschuldet war, hatte es große Hoffnungen in einen Machtwechsel gegeben. Der aber blieb aus – dank eines Tricks, den Ex-Premier Thaci über das ihm willige Verfassungsgericht ausspielte. Die darauf folgende Koalition seiner PDK mit der LDK sorgte seither bei vielen Kosovaren für das Dauerfrustgefühl, "dass sich die Dinge nie bessern".

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