Kobane: IS holt sich Verstärkung

Ein Luftangriff auf Kobane.
Angriff "an allen Fronten" gestartet. Der IS will einen Teil der Grenze zur Türkei kontrollieren.

Nach den US-Waffenlieferungen für die Kurden in Kobane haben sich die Angreifer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) mit Kämpfern aus anderen Regionen verstärkt. Nach Angaben des syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte kamen die neuen Einheiten der radikalen Islamisten aus den vom IS kontrollierten syrischen Städten Raqqa und Dkharabalus. In der seit Wochen belagerten nordsyrischen Grenzstadt lieferten sie sich am Dienstag neue Gefechte mit den kurdischen Verteidigern, es werde an allen Fronten" angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Zwei verhinderte Selbstmordanschläge der Dschihadisten am Montagabend hätten die neuen Kämpfe ausgelöst, hieß es in einer von der kurdischen Nachrichtenagentur Hawar veröffentlichten Mitteilung der kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG).

Die Anschläge im Norden der Stadt sollten offenbar dazu dienen, Kobane von der Türkei abzukoppeln. Der Kampf um die Stadt hat für die Extremisten hohen symbolischen Charakter: Gelingt es ihnen, sie einzunehmen, würden sie so auch einen Teil der Grenze zur Türkei kontrollieren.

Unterdessen kamen trotz einer Einreisegenehmigung der Türkei noch keine kurdischen Peshmerga-Kämpfer aus dem Nordirak in Kobane an. Die Türkei hatte den Kämpfern, die den bedrängten Kurden dort zu Hilfe eilen wollen, am Montag in einer politischen Kehrtwende die Einreise in die Grenzstadt genehmigt. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte aber zugleich weiterhin jede direkte türkische Unterstützung für die syrisch-kurdische Partei PYD ausgeschlossen. Die in Kobane kämpfenden YPG sind die Miliz der PYD, die eng mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden ist.

In der Nacht zum Montag - rund fünf Wochen nach Beginn der Kämpfe - hatten US-Transportflugzeuge erstmals Waffen und Munition sowie medizinisches Material für die Verteidiger der nordsyrischen Stadt abgeworfen. Die Lieferungen stammen nach US-Angaben von kurdischen Stellen im Irak und wurden nur transportiert. Zudem wollen die USA dem Irak zusätzliche Panzermunition und Ausrüstung im Wert von rund 600 Millionen Dollar (470 Millionen Euro) liefern. Das Außenministerium habe zugestimmt, der Kongress sei unterrichtet.

Auch Großbritannien will sich einbringen: Flugzeuge und Drohnen zur Aufklärung sollen sehr bald über die vom IS gehaltenen Gebiete in Syrien fliegen. Eingesetzt würden unbemannte Flugkörper des Typs "Reaper" sowie bemannte "Rivet Joint"-Maschinen.

15 Angriffe im Irak

Im Irak griffen die Jihadisten die von Kurden kontrollierte Stadt Kara Tapah an. Zehn Menschen wurden nach Angaben der Behörden getötet. Tausende Menschen flohen aus der Stadt. Am Montag habe die Terrormiliz zeitgleich 15 Angriffe gegen kurdische Kräfte im Nordirak geführt, berichtete der US-Sender CNN. Dagegen zogen sich IS-Kämpfer laut Medienberichten aus der Provinz Salaheddin nördlich der Hauptstadt Bagdad zurück.

Dutzende IS-Anhänger hätten von ihnen kontrollierte Gebiete rund um die Stadt Tikrit in Richtung der Provinz Ninive im Norden des Landes verlassen, berichtete die unabhängige irakische Nachrichtenseite Al-Sumaria News unter Berufung auf lokale Quellen. Die Region um das 160 Kilometer nördlich Bagdads gelegene Tikrit war in den vergangenen Tagen verstärkt von Flugzeugen der internationalen Allianz bombardiert worden. Das dänische Verteidigungsministerium teilte mit, dänische F16-Flugzeuge hätten im Kampf gegen den IS im Irak erstmals Bomben abgeworfen. Laut einem britischen Pressebericht kann die Terrormiliz im NATO-Land Türkei offenbar relativ ungestört operieren.

Das Interesse von internationalen Medien und Weltöffentlichkeit ist seit Wochen auf die Terrormiliz IS und die Grenzstadt Kobane konzentriert. Für Syriens Diktator Assad eine Gelegenheit, um in dem seit drei Jahren andauernden Bürgerkrieg in seinem Land wieder zur Offensive überzugehen.

Nach den ohnehin spärlichen Berichten, die von den Schauplätzen des Krieges in Syrien nach außen dringen, hat Assads Luftwaffe ihre Angriffe erneut verstärkt. Vorrangiges Ziel ist das seit vielen Monaten heftig umkämpfte Aleppo. Einst eine Hochburg der westlich-orientierten Opposition gegen das Assad-Regime, ist die kunsthistorisch einzigartige Metropole im Norden inzwischen weitgehend zerstört. Die Rebellen, die in vielen Gebieten Syriens auch durch die Kämpfer des IS bedrängt werden, halten sich nur noch in wenigen Stadtvierteln. Wie schon bei früheren Angriffswellen setzen die Kampfjets angeblich auch sogenannte Fassbomben ein. Billig herzustellende Sprengkörper, die großflächige Zerstörungen verursachen. Entsprechend groß sind die Opfer unter der Zivilbevölkerung.

Hilfe für die nicht nur unter Bomben, sondern auch unter Hunger und fehlender medizinischer Versorgung leidende Bevölkerung gelangt kaum noch in das fast völlig von der Außenwelt abgeschnittene Aleppo. Von der Türkei aus organisiert Syriens Exilopposition Hilfstrupps. Diese sogenannten "Weißen Helme" kümmern sich vor allem um die Bergung und Erstversorgung von Bombenopfern, die unter den Trümmern einstürzender Gebäude begraben werden.

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