Kinder als Waffe des Terrors

Ein junger Attentäter wird in der irakischen Stadt Kirkuk gestellt – Polizisten halten ihn an den Armen, während sie die Sprengstoffweste entfernen.
Islamisten rekrutieren vermehrt Kinder als Attentäter – eine ebenso perfide wie effiziente Taktik.

Es war allem Anschein nach ein 12 bis 14 Jahre altes Kind, das am vergangenen Sonntag in der südtürkischen Stadt Gaziantep 54 Menschen tötete – voll bepackt mit Sprengstoff. Am selben Tag fingen irakische Sicherheitskräfte in der Stadt Kirkuk einen Buben mit einer Sprengstoffweste ab. Der Bub gab an, er sei verschleppt und mit dem Sprengkörper auf die Straße gesetzt worden.

Hinter dem Anschlag in Gaziantep ebenso wie hinter dem verhinderten Anschlag in Kirkuk wird die Terrormiliz "Islamischer Staat" vermutet. Der IS selbst äußerte sich nicht dazu.

Der Einsatz von Kindern als Attentäter aber ist gerade etwas, worauf die Terrorgruppe IS und ihre Verbündeten zunehmend setzen. Vor allem die Gruppe Boko Haram im Norden Nigerias, die sich selbst als "Westafrikanische Provinz des IS" bezeichnet, setzt massiv auf diese Taktik. Laut einem Uicef-Bericht stieg die Zahl minderjähriger Boko-Haram-Attentäter in Nigeria, Kamerun, dem Tschad und Niger 2015 um das elffache im Vergleich zum Vorjahr. Das besonders perfide daran: Gerade die Boko Haram hat sich mit Massengeiselnahmen vor allem von Mädchen hervorgetan. Vermutet wird, dass die Mädchen als Sex-Sklavinnen gehalten und zugleich einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Wer sich auflehnt oder dieser Indoktrinierung erliegt, wird auf Selbstmordmission geschickt – sehr oft direkt in Heimatdörfer.

Umstritten

Der Einsatz von Kindern ist dabei aber in radikalen Zirkeln durchaus umstritten. So weisen die Taliban in Afghanistan zum Beispiel strikt zurück, Kinder als Attentäter einzusetzen. Die Taliban lehnten Selbstmordaktionen überhaupt sehr lange Zeit völlig ab. Der erste Selbstmordanschlag in Afghanistan wurde erst 2004 registriert. In mehreren Wellen wurden danach aber vor allem von Pakistan aus Attentäter nach Afghanistan geschickt. Und im Zuge dessen auch viele Kinder. In Afghanistan dürfte vor allem das mit den Taliban verbündete Haqqani-Netzwerk dafür verantwortlich sein. Beobachter machten in der Allianz islamistischer Gruppen in der Region vor allem das Haqqani-Netzwerk für Rekrutierungen verantwortlich. Und Pakistan bildet was das angeht ein schier unerschöpfliches Reservoir.

Ein staatliches Schulsystem existiert landesweit so gut wie nicht. Freie Bildung vor allem für die ärmsten Bevölkerungsschichten bieten sehr oft radikale Koranschulen, die praktisch offen agieren können. Solche Schulen lehnen etwa Mathematik als Teufelswerk ab. Der Unterricht hat das auswendig lernen des Koran in seiner arabischen Originalfassung im Fokus – also in einer Fremdsprache, wobei Arabisch nicht auf dem Lehrplan steht. Losgeschickt werden Kinder aus solchen Schulen oft mit einem Koranvers um den Hals und der Versicherung, dass sie dieses Amulett beschützen werde. Sie die Explosion also überleben und nur Ungläubige töten würden.

Das Kalkül der Drahtzieher solcher Aktionen ist ein durchwegs sehr einfaches: Es ist einfach, Kinder zu manipulieren; vor allem aber lassen sich Kinder leichter durch Checkpoints schmuggeln.

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