IS hat "insbesondere Europa" im Visier

Europol alarmiert: Die Terrormiliz hat schwere Anschläge in Europa vor.

Die europäische Polizeibehörde Europol hat vor neuen Anschlägen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Europa gewarnt. Vor allem in Frankreich sei die Gefahr groß, teilte die Behörde am Montag in Amsterdam mit. Der IS verfüge über "neue gefechtsartige Möglichkeiten", weltweit "eine Reihe groß angelegter Terroranschläge" zu verüben, so Europol-Direktor Rob Wainwright.

Die Gefährdungslage in Österreich hat sich nach Angaben des Innenministeriumssprechers Karl-Heinz Grundböck nicht geändert. Nach wie vor müsse man "in ganz Europa von einer erhöhten Gefährdungssituation" ausgehen. Es gebe Anlass zur Vorsicht, aber nicht zu Panik, so Grundböck.

Besondere Gefahr für Zivilbevölkerung

Europol zitiert in einem Bericht Informationen von Geheimdiensten, wonach der IS eine spezielle Kommandostruktur für Anschläge im Ausland entwickelt habe. Es werde "für Angriffe nach Vorbild von Spezialeinsatzkräften in einem internationalen Umfeld trainiert", heißt es in dem Dokument. Der IS könne jederzeit zuschlagen - gegen fast jedes gewählte Ziel, heißt es in dem Bericht. Anschläge etwa auf Nuklearanlagen oder Bahnhöfe seien zurzeit weniger wahrscheinlich. Ziel seien "massenhaft Opfer in der Zivilbevölkerung". Der IS wolle offenbar vor allem "weiche Ziele" treffen.

Auch wenn die Dschihadistenmiliz in Europa zunächst gezielt Frankreich angegriffen habe und dieses weiter besonders gefährdet sei, gebe es die Möglichkeit "von Angriffen gegen andere EU-Mitgliedstaaten in naher Zukunft", warnte der Bericht.

Anschläge in Mumbai waren "Premiere"

Die Anschlagsserie in Paris im November sei nach dem Vorbild der Attentate von Mumbai im Jahr 2008 abgelaufen. Damals war es in der indischen Metropole zu konzertierten Angriffen gekommen. An zehn verschiedenen Stellen gab es innerhalb kurzer Zeit 17 Explosionen, bewaffnete Angriffe und Geiselnahmen. Dabei starben über 170 Menschen, über 230 wurden verletzt.

"Das war eine Premiere für den IS", heißt es in dem Bericht. Zusammen mit Anschlägen etwa auf eine russische Passagiermaschine über dem Sinai, in der Türkei und im Libanon erschienen die Pariser Anschläge als "Teil einer breiteren Strategie, weltweit zu agieren".

Paris-Anschläge als Wende der Strategie

Die Paris-Anschläge markierten deshalb eine deutliche Wende der IS-Strategie. Anschläge seien nun international ausgerichtet und würden von Spezialkräften ausgeführt.

Es gebe "keine konkreten Beweise, dass reisende Terroristen systematisch den Flüchtlingsstrom nutzen, um unerkannt nach Europa zu kommen", erklärte Europol weiter. "Eine echte und unmittelbar drohende Gefahr" sei aber, dass sunnitische Muslime "in der syrischen Flüchtlingsdiaspora anfällig für Radikalisierung werden, sobald sie in Europa sind". Radikale Islamisten könnten versuchen, sie gezielt anzuwerben.

Anti-Terrorismus-Zentrum nimmt Arbeit auf

Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch den IS hat das neue Anti-Terrorismus-Zentrum von Europol am Montag offiziell seine Arbeit aufgenommen. 40 bis 50 Experten sollen sich vorwiegend auf die Identifizierung von rund 5.000 ausländischen Kämpfern des IS konzentrieren und Propaganda aus dem Internet bekämpfen. Bei der Behörde in Den Haag sollen Ermittlungen nationaler Polizeidienste koordiniert werden. Das Zentrum sei "ein wichtiger Schritt vorwärts", um eine "aggressive, neue Form des internationalen Terrorismus zu bekämpfen" und einen besseren Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

Europol warnte gleichzeitig davor, sich nur auf die Bedrohung durch den IS zu konzentrieren. "Al-Kaida ist weiter ein Faktor, der in Betracht gezogen werden muss, und Grund für die EU, sich auf ein breiteres Spektrum religiös inspirierter Gruppen zu konzentrieren", hieß es.

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