Deutsche Zwillinge im Magazin des IS

Marketingmaschine IS – 1000 Islamisten reisen angeblich monatlich aus aller Welt nach Syrien
Sie seien im Dschihad gestorben, für eine "noble Absicht", schwadroniert die Propagandaabteilung.

Das Magazin Dabiq ist so etwas wie die Verbandszeitschrift der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS). In der neuesten Ausgabe schildern die Extremisten auf insgesamt 79 Seiten die vermeintlichen Erfolge ihres Kampfes in Syrien und dem Irak. Die bunten Bilder stechen sofort ins Auge, die Geschichten sind erschreckend und einprägsam zugleich. Die Propagandaabteilung des IS leistet ganze Arbeit.

Ex-Soldaten beim IS

Wie Spiegel Online nun berichtet, werben die Dschihadisten in ihrem Blatt auf Seite 30 mit zwei "Märtyrern" aus Deutschland. Mit einem Koran in den Händen werden die Zwillinge vor einer IS-Flagge abgebildet. Im Text heißt es, dass einer der beiden in der deutschen Armee gedient hat, aber sich mit einem Terroranschlag nun rehabilitierte. "Allah führte ihn, ersetzte das Böse gegen Gutes und machte ihm zum Kämpfer für diese noble Absicht", schwadroniert der IS. Auch sein Bruder sei im "Heiligen Krieg" gestorben.

Bislang konnten die deutschen Behörden den Tod der Zwillinge nicht offiziell bestätigen. Die Möglichkeit, verlässliche Informationen aus dem Krisengebiet zu bekommen, sind sehr gering. Recherchen von Spiegel Online und Spiegel TV zufolge handelt es sich um die Brüder Kevin und Mark K., 25, die im August 2014 über die Türkei nach Syrien reisten. Ihrer Mutter erzählten sie, sie würden eine Rundreise in der Türkei machen. Wenig später erhielt die Familie Botschaften aus dem Bürgerkriegsland Syrien.

Zum Islam konvertiert

In den Lebensläufen von Kevin und Mark K. deutet zunächst nichts daraufhin, dass aus ihnen islamistische Gotteskrieger werden könnte. Kevin studierte Jus und sein Bruder Mark diente als Panzergrenadier in der deutschen Bundeswehr. Er war auch im Afghanistan. 2009, noch vor dem Studium, konvertierte Kevin zum Islam, 2012 machte es ihm Mark gleich. 2014 bahnten sie sich ihren Weg nach Syrien.

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Insgesamt habe der Militärische Abschirmdienst (MAD) bereits 25 Ex-Soldaten identifiziert, die sich in den Irak oder nach Syrien abgesetzt haben. Die Befürchtung, die ehemaligen Bundeswehrdiener könnten ihre militärische Ausbildung missbrauchen, um den IS-Extremisten bei Anschlägen zu untersützen, sei groß. Die Terror-Rekrutierung von ausländischen Sympathisanten nimmt neue Formen an.

25.000 ausländische Terroristen

Alexander Evans, führender Terrorismus-Experte der Vereinten Nationen (UNO), sagt, dass man sich in der Vergangenheit zu sehr auf Syrien, Irak und Libyen konzentriert habe. "Die haben zwar tausende Kämpfer hervorgebracht, aber es gibt Länder, die mit dem Extremismus in dieser Art vorher noch nie konfrontiert waren. Das sind ganz neue Herausforderungen", erklärt Evans gegenüber dem britischen The Guardian.

Mehr als die Hälfte aller Staaten würden Extremisten für den IS oder die El-Kaida generieren. Ein aktueller Bericht der UNO geht von mehr als 25.000 ausländischen Terroristen aus, die an den Dschihad-Konflikten teilnehmen. Die Zahl sei in den letzten neun Monaten um 70 Prozent gestiegen. Die Vereinten Nationen sprechen von einer "langanhaltenden Terrorgefahr" - in mehr als hundert UNO-Mitgliedsstaaten.

Man habe aber weiterhin keine genaue Vorstellung, wie der Rekrutierungsprozess der Terrormilizen wirklich funktioniert. Internet und soziale Medien würden aber eine Schlüsselrolle spielen, heißt es im Bericht, der sich umfassend mit jenen Kämpfern auseinandersetzt, die aus dem Ausland in die Krisengebiete reisen: "Die, die zusammen essen, sich binden, können auch zusammen Bomben legen."

Wie die deutschen Zwillinge Kevin und Mark K. in die Fänge der Rekrutierungsmaschinerie des IS gelangt sind, ist nicht klar. Auch erfahrene Staatsschützer können sich die Radikalisierung nicht erklären.

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