In Kairo kippt die Stimmung gegen die Proteste

In Kairo kippt die Stimmung gegen die Proteste
Kristin Jankowski berichtet vor Ort von der Räumung des Tahrir-Platzes.

Polizisten in schwarzen Uniformen stehen auf der großen Verkehrsinsel auf dem Tahrir-Platz. Die Visiere ihrer Helme sind aufgeklappt, in den Händen halten sie Gummiknüppel. Am Straßenrand stehen beige Panzer. Es ist der Tag danach. Der Tag, nachdem Armee und Polizei den Tahrir-Platz brutal geräumt haben. Wieder einmal.

Es war am frühen Montagnachmittag, als die Sicherheitskräfte anrückten. Flankiert wurden sie von Zivilisten, die schwarze Helme auf den Köpfen trugen und Stöcke in den Händen hielten. Innerhalb weniger Minuten strömten sie auf die Verkehrsinsel, auf der sich seit dem 8. Juli friedliche Demonstranten befanden, rissen deren Zelte nieder und prügelten unter dem Jubel von Hunderten Passanten auf die Demonstranten ein.

Nichts begriffen

"Haben diese Leute denn gar nichts begriffen?", fragt eine Passantin, die fassungslos am Straßenrand steht. Sie kämpft mit den Tränen. "Ich bin so traurig", gibt sie zu. "Wie können diese Leute die Armee bejubeln nach dem, was sie uns angetan hat?" Sie richtet ihre Sonnenbrille, schüttelt den Kopf und geht heim.

Die Stimmung gegen den Protest der jungen Demonstranten ist bereits vor Wochen gekippt. Die Proteste würden das Land zerstören, die Touristen vom Kommen abhalten und die Wirtschaft schädigen, ist zu hören. Die anhaltenden Proteste auf Kairos zentralem Platz würden im Auftrag von sogenannten "ausländischen Kräften" gelenkt, denken einige Ägypter
sogar.

Immer lauter werden die Rufe nach Ordnung und nach Sicherheit. Und nicht zuletzt die immer massiver auftretenden Islamisten machen klar, wohin ihrer Meinung nach der Weg hinführen soll: Zur Einführung der Scharia. Als Hunderttausende von ihnen vergangenen Freitag demonstrierten, war von der Armee wenig zu sehen.

Am Dienstag sind auf dem Tahrir-Platz kaum noch Erinnerungen an den brutal aufgelösten Sitzstreik der Demonstranten zu sehen. Es ist heiß, ein leichter Wind weht. Der Verkehr fließt wieder. "Wir sind alle glücklich, dass die Demonstranten endlich verschwunden sind", behauptet eine junge Frau. "Wenn alle Leute nur das machen, was sie wollen, dann wird halt alles einfach zerstört." Doch es gibt immer noch hoffnungsvolle Stimmen: "Wenn der Fastenmonat Ramadan vorüber ist, dann strömen die Leute wieder auf den Tahrir-Platz. Viel mehr als zuvor. Da bin ich mir sicher", sagt ein junger Mann und lächelt zuversichtlich.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Reportage

  • Hintergrund

Kommentare