"Österreich ist ziemlich isoliert"

Wirbt auch in Österreich für das Handelsabkommen TTIP: Der britische Handelsminister Francis Maude
Der britische Handelsminister über Kritik am umstrittenen Handelsabkommen TTIP.

Großbritannien ist ein entschiedener Verfechter des freien Marktes – und damit ein ebenso entschiedener Verfechter des Freihandelsabkommens TTIP mit den USA. Für die auch in Österreich massiven Ängste vor der Konkurrenz durch billige US-Agrarprodukte oder niedrige Umweltstandards hat man daher wenig Verständnis, wie auch der britische Handelsminister Lord Francis Maude im KURIER-Interview in Wien deutlich macht.

KURIER: Das TTIP-Freihandelsabkommen sorgt in Österreich für große Ängste, vor allem vor einer Überflutung durch billige US-Agrarprodukte. Wie könnte man diese ausräumen?

Lord Francis Maude:Wir sollten zuerst das Abkommen aushandeln, dann kann man Bedenken vorbringen. Werden wir mit minderwertigen Produkten überschwemmt, die offensichtlich nicht so anspruchsvolle amerikanische Konsumenten ohne Probleme kochen und essen? Wenn also das Abkommen uns Anspruchsvolle nicht zufriedenstellt, können wir es ja ablehnen. Jetzt aber müssen wir die Verhandlungen vorantreiben. Der Eurozone fehlt es an Jobs und Wachstum, also warum lehnen wir etwas ab, von dem wir wissen, dass es Jobs und Wachstum bringt?

Laufen nicht auch Österreichs Klein- und Mittelbetriebe Gefahr, aus dem Markt gedrängt zu werden?

Warum sollte das durch TTIP passieren, wenn es nicht passiert ist, als Österreich Teil des gemeinsamem EU-Marktes mit Deutschland wurde. Deutschland hat große dominante Unternehmen, und trotzdem ist Europa nicht von deutschen Produkten und Firmen überrannt worden. Es gibt also keinen Grund, sich vor TTIP zu fürchten. Österreich hat in der Geschichte immer international gehandelt. Man kann also zuversichtlich sein. Wenn es Österreichs Firmen geschafft haben, ihren Platz auf dem europäischen Markt mit 500 Millionen Einwohnern zu finden, machen noch einmal 300 Millionen US-Bürger dazu keinen katastrophalen Unterschied.

Wie unterscheidet sich die Haltung zu TTIP in den unterschiedlichen EU-Staaten?

Ich war wirklich überrascht, wie groß der Wunsch nach dem Abkommen in Italien und Spanien ist. Das sind Volkswirtschaften, die hungrig nach Jobs und Wachstum sind, dort erkennt man, dass eine Vergrößerung des Handelsvolumens Wachstum und Jobs bringt. In der britischen Politik spielt TTIP keine große Rolle. Nicht einmal bei den Parlamentswahlen im Frühjahr dieses Jahres war es ein Thema. In Österreich gibt es europaweit die negativste Einstellung gegenüber TTIP, viel negativer als in Deutschland. Österreich steht da also ganz am Rand, ziemlich isoliert, was die Härte der Ablehnung betrifft, in der Europäischen Union.

Kritisiert wird vor allem, dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt werden. Ließe sich das ändern?Wir sollten die Verhandlungen tatsächlich viel offener führen, das wäre hilfreich. Da steckt ja nichts Böses dahinter. Je mehr die Leute wissen, desto besser kann man sie überzeugen.

Österreich hat Großbritannien wegen des neuen AKW in Hinkley Point geklagt. Wie reagiert London?

Das ist keine große Debatte in Großbritannien. Wir haben ein Programm, um unsere Energieversorgung zu sichern, wie die meisten Industrieländer. Und Atomenergie ist ein wesentlicher Teil davon, das seit 60 Jahren. In der Subvention für Hinkley Point steckt kein unlauterer Wettbewerb.

Kommentare