Kritik an griechischer Vetternwirtschaft

Damit wollte Premier Alexis Tsipras aufhören, doch er besetzt Ämter mit Verwandten.

Zum ersten Jahrestag seines ersten Wahlsieges hat der griechische Links-Premier Alexis Tsipras die Griechen aufgerufen, zu kämpfen, damit die jungen Menschen wieder hoffen könnten. Neu-Pensionisten will er dafür die Rente um 15 Prozent streichen. Ein Generalstreik liegt wieder einmal in der Luft. Die Stimmung ist schlecht, Tsipras Reden klingen vielen wie heiße Luft.

Dabei wollte er alles besser machen und nur die "Ehrlichsten und Fähigsten" auf Posten hieven. Irgendwie logisch, dass sein Cousin Giorgos dazu gehört und zum Generalsekretär für Internationale Wirtschaftsbeziehungen im Außenministerium ernannt wurde.

Das berichtete der KURIER bereits im Mai 2015, doch jetzt sorgt der griechische Klientelismus auch in Brüssel für Aufregung: Ungeniert besetzte die Regierung fast 1200 gut dotierte Berater aus dem engsten Familien- und Parteiumfeld von Syriza.

Euro-Chef warnt

Das müsse aufhören, forderte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem beim letzten Treffen der Finanzminister. Er spielte damit auf einen Führungswechsel bei der Piraeus Bank, der größten Bank Griechenlands, an. Anthimos Thomopoulos warf angeblich nicht freiwillig als CEO hin, er war der Regierung ein Dorn im Auge, aber beim größten privaten Anteilseigner der Bank, dem US-Investor Paulson & Co, hoch angesehen.

In der Vorwoche erklärte der Premier bei einem Besuch im Nationalen Zentrum für öffentliche Verwaltung (EKDDA), "Klientelwirtschaft, Patronage und Korruption" im Staatsapparat müssten beendet werden. Doch die Präsidentin der Behörde ist die Lebensgefährtin des Justizministers. Und die Gattin seines im Außenministerium untergebrachten Cousins Giorgos bekam in der Vorwoche eine Stelle im politischen Büro des Verkehrsministers. Die Liste ist ziemlich lange. Ein Syriza-Funktionär, dessen Familie ebenfalls großzügig mit Posten bedacht wurde, verteidigte sich damit, er sei in einer kommunistischen Familie aufgewachsen und habe schon als Kind gelernt, "immer für die Partei, nur für die Partei" einzutreten.

Der deutsche Historiker Heinz Richter bezeichnet im Handelsblatt dieses Klientelsystem als "Basis der politischen Kultur Griechenlands". Das sei "ein die ganze Gesellschaft von oben nach unten durchdringendes System". Im Kampf gegen Oligarchen wurde nichts getan. "Tsipras hat dazu kein einziges Gesetz verabschiedet", sagte der Politologe Stathis Kalyvas von der US-Universität Yale der Wirtschaftswoche.

Kommentare