"Ohne Hilfskredit-Programm keine Zukunft zu sehen"

Warnung vor neuer Stagnation: Ökonom Panagiotis Petrakis
Interview: Wirtschaftsforscher Petrakis kritisiert die schlecht gestaltete EU-Strategie zur Rettung seines Landes.

2010, zu Beginn der Finanzkrise, hätte man zuerst rasch die griechischen Banken retten müssen, damit auch der Rest des Rettungspakets gelingt, meint im Interview mit dem KURIER der Ökonom Prof. Panagiotis Petrakis.

KURIER: Premier Samaras hat das Ende der Rezession angekündigt. Ist die Krise vorbei?

Panagiotis Petrakis: Diese Erklärung war sehr verfrüht. Im vergangenen April sind wir auf den Markt gegangen und haben dort etwa fünf Milliarden Euro bekommen. Die Lage hat sich aber seit September gedreht. Es gab keinen Grund, das Rettungsprogramm anzuhalten, das normalerweise im März 2016 enden sollte. So haben die Probleme begonnen.

Wie meinen Sie das?

Es gab keine Bewegung im Exportsektor mit Ausnahme im Tourismus. In allen anderen Bereichen gab es keine Anzeichen für eine starke Erholung. Die seriöse Lösung wäre gewesen, das Rettungsprogramm wie vereinbart bis zum Ende durchzuführen.

Wie steht es um die griechische Wirtschaft?

Die wachsende politische Unsicherheit hat viele Griechen veranlasst, die Steuern nicht zu zahlen. Das Defizit hat sich erhöht. Die vorgezogene Wahl hat die Lage verschlimmert. Das wird die wirtschaftliche Erholung um eineinhalb Jahre verzögern.

Griechenland hat mit 25,7 Prozent die höchste Arbeitslosenrate der EU. Wann ändert sich das zum Guten?

Wir müssen uns bis etwa 2019 gedulden, um eine wesentliche Senkung der Arbeitslosenrate zu sehen. Der Grund: Das neue Wachstumsmodell basiert auf Exporten und Investitionen. Ein starker Unterschied zu früher, wo man sich auf Konsumausgaben verlassen hatte. Es wird Jahre dauern, bis das neue Modell standfest wird.

Das klingt nach Kritik am Rettungsprogramm ...

2010 war die Idee, Griechenland und Europa zu retten, nur hat man das sehr schlecht gestaltet und eine gewaltige Rezession produziert. Es ist das selbe Problem, das wir in Europa haben: Wenn man es zulässt, dass die Nachfrage stark sinkt, wird es nachher sehr schwer, die Lage auf den alten Stand zu bringen.

Was hätte man 2010 anders machen sollen?

Innerhalb der ersten sechs Monate hätte man die Banken retten sollen. Das hätte die Haushaltskonsolidierung innerhalb der nächsten fünf Jahre möglich gemacht. Passiert ist etwas anderes: Drei Jahre lang Haushaltskonsolidierung, ohne Banken zu haben.

Ihre Prognose für 2015?

Ohne irgendein Hilfskredit-Programm ist keine Zukunft zu sehen. Wenn der neuen griechischen Regierung nicht schnellstmöglich eine Übereinkunft mit den Kreditgebern gelingt, können wir uns auf eine niedrigere Wachstumsrate einstellen. Mittel- und langfristig bin ich für die griechische Wirtschaft optimistisch.

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