Der köpfende Dschihadist

Mal sanft, mal rasend wird der Täter von Lyon beschrieben.

Der 35-jährige Yassin Salhi, der am Freitag seinen Chef köpfte und anschließend eine Chemiefabrik in der Nähe von Lyon zu sprengen versuchte, offenbart eine verstörende Mischung aus beflissener Höflichkeit, gelegentlicher extremer persönlicher Reizbarkeit und lange zurückreichendem fanatisch-islamistischen Aktivismus.

Noch vor Ort festgenommen, nachdem ihn ein Feuerwehrmann überwältigt hatte, zeigte sich Salhi inzwischen geständig. Allerdings behauptet der Attentäter, der bei einer Lieferfirma beschäftigt war, er habe seinen Chef infolge eines Arbeitsstreits ermordet. Außerdem hätte er unter einem Ehezwist und der Angst vor Scheidungsabsichten seiner Frau gelitten, die freilich wie er einem strikten Islam folgte und die drei gemeinsamen Kinder entsprechend erzog.

Firmenkollegen bestätigten, dass Salhi kürzlich eine Ladung Informatik-Material fallen gelassen und dass ihm sein Chef deswegen Vorhaltungen gemacht hatte, auf die er besonders heftig reagierte. Dass Salhi bei seinen Verhören auf diesen rein persönlichen Beweggründen beharrt, könnte freilich auch dazu dienen, von Komplizen inklusive seiner Frau abzulenken. Gegen ein völlig ideologiefreies Ausrasten sprechen die grausame dschihadistische Inszenierung der Ermordung und seine langjährige Radikalisierung. So befestigte Salhi den Kopf seines Opfers an einem Gitter der Chemiefabrik umgeben von schwarzen Spruchbändern in der Art des "Islamischen Staats". Obendrein sandte Salhi ein Selfie von sich und dem Ermordeten per Handy an einen Dschihadisten in Syrien.

Geordnete Verhältnisse

Salhi, Sohn eines Algeriers und einer Marokkanerin, wuchs in geordneten und guten materiellen Verhältnissen in einer schmucken Reihenhaus-Siedlung in einer Ortschaft an der Grenze zur Schweiz auf. Anschließend fasste er beruflich im Transportgewerbe erfolgreich Fuß. Seit 2004 aber stand er unter zeitweiliger Polizeibeobachtung, weil er in radikal-islamischen Kreisen verkehrte. Der Leiter eines Turnvereins, in dem Salhi einen Kampfsport trainierte, erklärte: "Er war von seiner Religion besessen, wirkte aber meistens extrem sanft. Dann aber konnte er urplötzlich in eine unglaubliche Raserei verfallen, bei der er für sich und die anderen gefährlich wurde. Am Ende wollte keiner mehr mit ihm üben."

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