Der IS baut auf diffuse Unterstützer-Netzwerke

Der Wiener Hassprediger Ebu Tejma wird dem IS zugerechnet
Keine Hinweise auf eine straffe Organisation hinter dem Terror - erhöhte Gefahr auch in Österreich, so Mikl-Leitner.

Der Attentäter Amedy Coulibaly hatte kurz vor dem Anschlag seine Lebensgefährtin Hayat Boumeddiene via Spanien und die Türkei nach Syrien zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Sicherheit gebracht. Die Waffen hat er möglicherweise in Brüssel bekommen. Das wirft für Sicherheitsexperten die Frage auf, ob die Terrororganisation inzwischen über eine straff organisierte Führungs- und Logistikstruktur in Europa verfügt.

Experten der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden sehen keine Hinweise dafür. Eine straff organisierte Struktur ist bisher nur im sogenannten „Kalifat“ in Syrien und im Irak erkennbar. Dort herrscht IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi mit einer regierungsähnlichen Struktur über ein Gebiet in der Größe Großbritanniens mit acht Millionen Menschen.

Am engsten angebunden an diese IS-Führung scheinen die Heimkehrer zu sein, die direkte Befehle aus der Zentrale bekommen. Dabei geht es aber meistens nur um die Beschaffung von Sach- und Geldmitteln. Wie etwa ein 40-jähriger Marokkaner und ein 31-jähriger Libanese, die in Deutschland eine Lieferung von rund 7500 Stiefeln, 6000 Militärparkas und 100 Militärhemden im Wert von über 130.000 Euro organisieren sollten. Daneben entstanden auch regionale Unterstützernetzwerke von selbst ernannten Aktivisten, die unkoordiniert dem IS zuarbeiten. Dazu werden der im November in Wien verhaftete Hassprediger Ebu Tejma und sein in Bosnien verhafteter, mutmaßlicher Komplize Mirsad Omerovic gerechnet. Sie stehen im Verdacht, Jugendliche in Österreich, Bosnien und Italien zur Ausreise nach Syrien angestiftet zu haben. Es soll von den Verdächtigen Kontakte zur IS-Führung geben.

Größere Gefährdung

Der IS baut auf diffuse Unterstützer-Netzwerke
Erhöhte Terrorgefahr herrsche nach den Anschlägen von Paris mittlerweile auch in Österreich, bestätigte gestern Innenministerin Johanna Mikl-leiter in einem ZiB-2-Interview. Besonders der Schutz für jüdische Einrichtungen sei erhöht worden, obgleich es keine konkreten Hinweise für Anschläge gebe. Sie will die "Präventionsbeamten" des Ministeriums zudem für die Lehrerausbildung verwenden. Bei den für Anti-Terror-Einsätze benötigten Hubschraubern baut die Ministerin auf "Synergien" mit dem Bundesheer, wie sie am Samstag im Ö1-Mittagsjournalsagte.

Explizite Attentatsaufträge aus der syrischen IS-Zentrale sind ebenfalls nicht bekannt. Ein österreichishe Sicherheitsexperte: „Es gibt in Raqqa keinen Projektmanager für Anschläge.“ Die IS-Führung baut darauf, dass sich „einsame Wölfe“ selbst mit Waffen ausrüsten und Anschläge durchführen. Das dürfte auch bei den Attentätern in Paris so gewesen sein. Die Kalaschnikows, sowjetische und tschechoslowakische Pistolen und die jugoslawischen Panzerabwehrwaffen stammen aus dem ehemaligen Ostblock, Ex-Jugoslawien und Albanien. Denn dort waren nach den politischen Umstürzen der 90er-Jahre die Waffenlager geplündert worden. Bis heute wird das Kriegsmaterial durch ein Netz illegaler Kleinhändler über Europa verteilt. Es gab auch keine finanzielle Unterstützung des IS. Coulibaly musste für den Waffenkauf einen Kredit von 6000 Euro aufnehmen.

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