Italien macht digital Jagd auf Steuersünder

Kein Cafe ohne Kassabon: Diese Regel gilt seit 1987 in Italien. Mehrheitlich eingehalten wird sie nur im Norden. Das "scontrino fiscale" soll deshalb bald Geschichte sein.
Trotz Belegpflicht blühen Schwarz-Geschäfte: 2017 soll die elektronische Rechnung den Kassabon ablösen.

Das Ende des "scontrino fiscale", des auf Papier gedruckten Kassenbelegs, naht: Ab Jänner 2017 sollen elektronische Rechnungen die Kassenbons ablösen. Unternehmen sollen künftig ihre Einnahmen über das Internet an die Steuerbehörden weiterleiten. Der Kunde hat aber weiterhin das Recht, einen Rechnungsausdruck zu verlangen. Dieses neue Finanzdekret wurde kürzlich vom Ministerrat in Rom beschlossen.

Zur Freude der Steuerbehörden, denn der Online-Zahlungsverkehr lässt sich leichter überprüfen. Die Direktorin der italienischen Steuerbehörde, Rossella Orlandi, bestätigt, dass "scontrini fiscali" längst überflüssig seien und vor allem nicht halfen, Steuerhinterziehung einzuschränken. Wie die Umstellung auf elektronisches Geld vor allem für die ältere Bevölkerung in der Praxis aussehen wird, ist noch offen. Darauf weiß auch Orlandi keine Antwort.

Geldstrafe

1987 verpflichtete der damalige Finanzminister Visentini Geschäftsleute und Händler zur Ausstellung eines Kassenbelegs. Auf diese Weise sollte Steuerbetrügern in Klein- und Mittelbetrieben das Handwerk gelegt werden. Geschäfte, Restaurants, Bars und Zeitungskioske müssen seither beim Kauf einer Zeitschrift oder eines Cappuccino einen Kassenbon aushändigen. Als Kunde musste man diesen bis zu 100 Meter weit nach dem Einkauf aufbewahren. Ansonsten konnte eine Geldstrafe drohen. Die – mittlerweile abgeschaffte – Aufbewahrungspflicht wurde nur in den ersten Monaten befolgt. Kurzfristig ließ sich Steuerhinterziehung mithilfe verstärkter Kontrollen etwas eindämmen.

Kaum ließ die staatliche Überprüfung nach, wurden auch wieder weniger offizielle Kassenbons, "scontrini fiscali", ausgegeben. Wie eine Umfrage zeigte, zieht sich dieses Phänomen von Norden bis Süden des Landes. Spitzenreiter sind Neapel und Palermo, wo bei rund 80 Prozent aller Einkäufe kein Kassenbon erstellt wird, Bari liegt bei 65 Prozent, Rom bei 60 Prozent. Etwas besser ist die Situation im Norden: In Mailand und Turin bekommt man "lediglich" in 40 Prozent der Fälle keine Belege, in Genua "sogar nur" in 20 Prozent aller Fälle. Laut Schätzungen verläuft die Hälfte aller Einkäufe "irregulär". Der Staatskasse entgehen dadurch jährlich Milliarden Euro.

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