Experten liefern Beweis für Beschuss aus Russland

Zerstörte Häuser in Donezk: Raketen, die auf die Ukraine abgefeuert wurden, könnten auch aus Russland abgeschossen worden sein, bestätigt nun eine Studie.
Britische Journalisten haben Raketenabschüsse jenseits der Grenze dokumentiert – mittels Youtube und Google.

Es klingt ein wenig wie ein futuristisches Wunschkonzert aller Internet-Aficionados: Kriegsverbrechen aufklären, ohne selbst im Kriegsgebiet zu sein - und dabei auch noch Beweise sammeln, die die Täter tatsächlich überführen können.

Eliot Higgins macht dies schon seit geraumer Zeit. Der einstige Hausmann und Vollzeit-Vater begann mit seinen Netz-Recherchen vor drei Jahren; Berühmtheit erlangte der Brite, als er den Einsatz von Streubomben durch Syriens Machthaber nachwies – von zu Hause aus.

Jetzt scheint dem 35-Jährigen, der seine Aktivitäten auf der Plattform Bellingcat bündelt, ein neuerlicher Coup gelungen zu sein. Er konnte gemeinsam mit dem Guardian-Journalisten Julian Borger nachweisen, dass Angriffe auf die Ostukraine direkt von Russland aus dirigiert wurden – etwas, das Moskau seit Beginn der Krise ja vehement dementiert.

Das Internet als Fundus

Die Technik, die Borger und Higgins anwendeten, basierte hauptsächlich auf der Auswertung von Bildmaterial aus dem Krisengebiet – das Duo untersuchte dafür die Strukturen von insgesamt 1143 Kratern, die auf Schlachtfeldern zu finden waren. Die Fundorte der Bilder: Youtube, Google Earth und diverse soziale Netzwerke, in denen Menschen vor Ort ihre Bilder hochladen.

Anhand dieser Krater, der Position des Filmenden und der Beschaffenheit der Umgebung errechneten die Experten dann die Flugbahn der Raketen – und konnten somit auf den Abschussort schließen. Das Ergebnis: Bis auf eine einzige Ausnahme müssten alle Abschüsse von russischem Gebiet aus getätigt worden sein. Auch die Wege, die von den Abschussstellen wegführen, würden nicht in Richtung Ukraine führen, sondern ins russische Landesinnere – ein weiteres Indiz dafür, dass nicht unbedingt die Separatisten für den Raketenschüsse verantwortlich sein müssen. „Es könnte sich durchaus um russische Einheiten handeln“, so der Sukkus des Reports (den vollständigen Bericht lesen Sie hier).

Rauchsäulen in Russland

Drei Orte in der Ostukraine wurden für die Untersuchung herangezogen – wie auch Bilder aus Russland selbst: Fotos und Videos von Anwohnern von Gukowo bei Rostow am Don, einer Millionenstadt nahe der ukrainischen Grenze, zeigten Mehrfachraketenwerfer-Systeme samt aufsteigender Rauchsäulen (siehe etwa Video unten). Auch dies passte ins Bild der Experten: Die Abschussposition der Raketen dürfte in der Nähe von Gukowo liegen - Satellitenbilder bestätigen das, denn Brandflecken und Reifenspuren sind darauf zu sehen.

Bleibt die Frage, wie stichhaltig diese Beweise sind. Der Guardian hat dafür den unabhängigen Militärforensiker Stephen Johnson befragt, der zwar meint, dass derartige Analysemethoden von Abschuss-Orten zwar nicht wissenschaftlich belegt seien – aber dennoch seien die Satellitenbilder überzeugend. Ihn beschäftige vor allem die Frage, was Abschussrampen auf russischer Seite zu suchen hätten.

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