Austro-Syrer helfen den Flüchtlingen

Viele Kinder und Jugendliche können – dank der von Wien aus gestarteten Hilfe von Austro-Syrern – erstmals seit Jahren wieder lernen.
Familie, die vor den Kämpfen floh, gründete Hilfsorganisation, die beeindruckende Arbeit leistet.

Siba Auf, eine 15-jährige Gymnasiastin aus Wien, half in den vergangenen Sommerferien ein paar Tage in einem Lager für syrische Flüchtlinge im Libanon mit. In einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag (auf Deutsch und Arabisch) beim mehrsprachigen Redewettbewerb "SAG’S MULTI!" resümiert sie: "Wir in Österreich müssen uns keine Sorge um das Essen unserer Familien machen oder jede Sekunde in Angst leben, einen geliebten Menschen zu verlieren. Leben wir aber dennoch in Zufriedenheit? Wir bekommen von dem, was anderswo passiert, sehr wenig mit. Aber nur, weil wir es nicht sehen, nicht sehen wollen, heißt es nicht, dass diese Szenen gar nicht existieren und wir dafür keine Verantwortung tragen und mitfühlen sollen."

Nahe weite Welt

Die Reise in eine andere Welt – knapp drei Flugstunden entfernt – führte der Teenager gemeinsam mit seiner Familie durch. Sie besuchten Camps und Schulen der Hilfsorganisation IHR (International Humanitarian Relief), die federführend von Siba Aufs Eltern in Österreich privat gegründet worden war.

Die eingangs erwähnte Rede der Jugendlichen war Anlass für den KURIER, die Familie in ihrer Wiener Wohnung zu besuchen – "wir sind erst dabei, auch hier ein Büro aufzubauen", so Maian, Sibas Mutter.

Die 15-Jährige, ihre ältere Schwester Fifo, 20, die Brüder Tarek, 17, und Faris, 7, wurden allesamt in Wien geboren und sind hier aufgewachsen. Mutter Maian und Vater Amer kamen vor Urzeiten aus Homs nach Österreich, er studierte in Graz Bauingenieur und sie in Wien Wirtschaft. Ihre Kinder zogen sie zweisprachig auf.

2010 "wollten wir unseren Kindern die Chance bieten, die syrische Kultur auch wirklich zu erleben, näher kennenzulernen", begründet Maian die vor fünf Jahren in der Familie getroffene Entscheidung, "für ein Jahr lang nach Syrien zu gehen. Schon vor Beginn des Schuljahres im September ging’s nach Homs. "Die Schule dort ist schon härter, sehr viel strenger", erinnert sich Tarek. Für Fifo war’s am schwierigsten, sie war damals in der sechsten Klasse. Siba hat sich leicht getan. "Nach drei Monaten hab’ ich mich eingewöhnt, alles kein Problem".

Beginn des Schreckens

Das Problem wurde von außen – nicht nur – an die Aufs herangetragen, ihnen aufgezwängt. Ab März begannen die Auseinandersetzung, die Monate später im Bürgerkrieg enden sollten. Bald "beschlossen wir zurückzugehen. Genauso klar aber war, wenn wir wieder im sicheren Wien sind, wollen wir helfen", so Maian Auf.

Aus der kleinen privaten Hilfe wurde nach und nach die Organisation IHR aufgebaut, bei der vor allem viele Geschäftsleute und Ärzte aus Syrien mitwirken, aber auch andere Menschen dazustießen und etwa über Basare Spenden sammeln. Zuerst half IHR direkt in Syrien, als die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Libanon – weit mehr als eine Million Menschen – und in der Türkei stark zunahm, wurde die Hilfe auf diese Zufluchtsorte ausgedehnt. Getragen war die Unterstützung immer vom Gedanken Hilfe zur Selbsthilfe. Verteilung, Organisation, (Aufbau) vor Ort erfolgt durch lokale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Austro-Syrer helfen den Flüchtlingen
Hilfe für syrische Flüchtlinge im Libanon
"Wenn man sieht, wie Menschen in Zelten internationaler Organisationen sogar erfrieren, war für uns klar, wir wollen stabilere Unterkünfte schaffen. So kamen wir auf die Idee mit Containern. Außerdem wollen wir damit die Perspektive der Rückkehr offen lassen, auch wenn das leider aller Voraussicht nach noch sehr, sehr lange dauern wird."

"We Will Be Back/Aidoun" nennt IHR dieses Programm. "Wenn sich die Lage in Syrien hoffentlich endlich wieder beruhigt haben wird, können diese Menschen ihre Container-Wohnung mit einem Truck in die ehemalige Heimat mitnehmen. Von ihren Häusern ist höchstwahrscheinlich nichts übrig." Mindestens 170 Familien leben mittlerweile in solchen Containern, die innen isoliert sind, um der Kälte, aber auch der Hitze im Sommer zu trotzen.

Endlich wieder Schule

Das Zweite, das sich für IHR aufdrängt(e): "Hunderttausende Kinder und Jugendliche haben jetzt schon einige Jahre keine Schule besucht. Die Schulen des Libanon (keine sechs Millionen Einwohner) sind überfordert. Also wurden – aus ebensolchen Containern – Klassenräume errichtet.

"Möglichst viele Kinder sollen Mathe, Arabisch, Englisch, einen allgemein wissenschaftlichen Unterricht sowie Ethik genießen. Darum wird bei uns auch in zwei Schichten unterrichtet, Vormittag die einen, am Nachmittag die anderen." Unterrichtet wird vor allem von geflüchteten Lehrkräften. Wenn Not an der Frau oder am Mann ist, lehren andere Flüchtlinge mit entsprechenden Kenntnissen.

Ein halbes Dutzend Schulen für 12.000 bis 18.000 Kinder und Jugendliche wurden von IHR errichtet. Mehr als 250 Menschen finden Arbeit – vom Unterrichten bis zum Containerbau. Für die Organisation vor Ort wurden zwei Büros im Libanon und zwei in der Türkei aufgebaut.

Infos und Spenden

IHR (International Humanitarian Relief)-Spendenpakete sind in gut überschaubare Pakete unterteilt: Lebensmittelkorb (20 €), Winterpaket (25€), Patenschaft für Waisenkinder (45€). Die geleistete Arbeit mit ganz geringem Verwaltungsaufwand in Österreich ist so solide, dass mittlerweile große internationale Organisationen wie das World Food Programm (das Welternährungsprogramm der UNO) oder das Rote Kreuz die Partnerschaft suchten.

Mehr auf

www.ihrelief.org

AT971515000501273536 Oberbank AG; BIC: OBKLAT2L

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