Schengen-Grenzschutz wird verstärkt, Datenfrage offen
Wie will die EU auf die Gefährdungslage durch islamistische Terroristen reagieren? Seit der Anschläge von Paris herrscht in dieser Frage akuter Diskussionsbedarf - viele Dinge sollen nicht mehr national entschieden werden, sondern in Brüssel geregelt werden. Dort schiebt man Konkretes noch auf: Die EU-Kommission wird erst im Mai neue Vorschläge für eine neue Sicherheitsstrategie vorlegen.
Während Frankreich heute angekündigt hat, als Reaktion auf die islamistische Anschlagsserie im Großraum Paris die Geheimdienste und Sicherheitsbehörden massiv zu verstärken, hat Brüssel vorerst keine greifbaren Antworten. Allein, die Schengen-Kontrollen sollen verschärfte werden, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, am Mittwoch. Mehr Überwachung an den EU-Außengrenzen heißt dies – andere Arten der Überwachung werden aber noch diskutiert: Auch das "heiße Eisen Datenschutz" werde angepackt und eine Lösung für die Fluggastdaten (PNR) geprüft, versprach Timmermans.
Paris investiert 735 Millionen Euro
Paris hat unterdessen Tatsachen geschaffen. In den kommenden drei Jahren sollen zur Bekämpfung des Terrorismus 2.680 neue Stellen geschaffen werden, kündigte Premier Manuel Valls nun an. 1.400 davon sollen beim Innenministerium und den ihm unterstellten Geheimdiensten geschaffen werden, 950 in den Bereichen Justiz und Strafvollzug. Für den Kampf gegen den Terrorismus würden in den kommenden drei Jahren zusätzlich 425 Millionen Euro bereitgestellt, sagte Valls. Rechnet man die Personalkosten hinzu, sind es laut dem Büro des Premierministers 735 Millionen Euro. Valls betonte, dass die Mehrausgaben durch Einsparungen in anderen Bereichen gegenfinanziert würden und das französische Defizit weiter abgebaut werde.
Österreich hat bereits am Dienstag mit einem Anti-Terror-Paket reagiert – bis zu 290 Millionen Euro will die Regierung in die Hand nehmen, um Polizei und Bundesheer besser auszustatten (mehr dazu lesen Sie hier).
In Brüssel warnt man allerdings vor Schnellschüssen. Timmermans wandte sich auch dagegen, "mit zu großen Maßnahmen" in den Vorschlägen daher zu kommen. "Das muss determiniert, aber auch ruhig sein. Es ist nicht gut, jetzt etwas zu machen, das nicht genügend durchdacht ist und nicht die Unterstützung von Rat und EU-Parlament hat". Zum Thema Schengen merkte er an, er stimme mit den EU-Innenministern überein, dass Schengen ein Teil der Lösung und nicht des Problems sei - es müsse aber zu einer besseren Funktionsweise von Schengen kommen. Befragt, ob die Erweiterung von Schengen durch Rumänien und Bulgarien nun auf Eis liege, sagte Timmermans, der Rat müsse hier einstimmig eine Entscheidung treffen.
Fluggastdatensammlung
In der Datenfrage gibt sich Timmermans optimistisch – er hofft darauf, dass die Mitgliedsstaaten dem Vorschlag, Daten untereinander zu tauschen, zustimmen werden. Wesentlich sei, dass "das Vertrauen" auch innerhalb der EU-Staaten wachsen müsse. "Ich habe nie so richtig verstanden, dass die Mitgliedsländer dazu bereit sind, alle Daten mit den USA zu teilen, aber nicht mit den anderen europäischen Ländern". Bei PNR (der Fluggastdaten-Erfassung) sei ein System auf europäischer Ebene notwendig. "Wir müssen einfach auch besser zusammenarbeiten, wir wollen keine Debatte über Befugnisse. Das führt zu Zeitverschwendung".
Angesprochen darauf, ob mehr Sicherheitsanstrengungen der Staaten auch den Stabilitätspakt oder die Sparpolitik berührt, winkte Timmermans ab: "Ich sehe keinen Bezug zu den Maastricht-Kriterien oder dem Stabilitätspakt. Wenn man hier eine Auswahl treffen muss, tut man eben das eine und lässt das andere".
Sorge um europäische Juden
Besorgt äußerte sich Timmermans über die Entwicklung der Lage für Minderheiten in Europa. Dabei sprach er namentlich die jüdische Bevölkerung an. "In einigen Mitgliedstaaten ist die jüdische Gemeinde nicht mehr sicher, ob sie überhaupt noch eine Zukunft in Europa hat. Das ist eine große Herausforderung für das Fundament der europäischen Integration. Wir können ewig über den Euro und den Binnenmarkt sprechen, wenn aber diese Grundwerte, dass jeder einen Platz in Europa haben muss, egal welche Farbe, welchen Hintergrund er hat, in Frage gestellt werden, müssen wir eine Politik der Hoffnung und eine Perspektive für alle anbieten. Ganz egal ob sie jüdischen, moslemischen oder christlichen Glaubens sind".
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