Anschläge: Sogar Israel spricht von "Terror"

Palästinensisches Baby stirbt bei Anschlag im Westjordanland, Orthodoxer wütet auf Schwulen-Parade.

Israelis wie Palästinenser sind schockiert: Zwei blutige Attentate mit Hass-Motiv in kaum zwölf Stunden. Bei einem Brandanschlag mutmaßlicher jüdischer Siedler auf ein Palästinenser-Haus im Westjordanland wurde ein Baby getötet. Auf einer Schwulen-Parade in Jerusalem stach ein frommer Fanatiker auf sechs Passanten ein. Drei sind schwer verletzt. Das Blutvergießen wird einhellig verurteilt, von Palästinensern wie Israelis, Opposition wie Regierung. Die aber steht schlecht da: "Das ist der Preis für ihre Tatenlosigkeit", urteilte die Zeitung Haaretz.

Das Haus der Familie Dawabsche steht am Rand des Dorfes Duma. Am Boden eine geschmolzene Baby-Flasche, angekohlte Kinder-Fotos. Ihren Brandsatz schleuderten die Täter durchs Fenster direkt ins Kinderzimmer.

"Die Verantwortung trägt die israelische Regierung", befand der palästinensische Präsident Mahmud Abbas. So wie Israels Regierung sonst die palästinensische Regierung für alle Anschläge verantwortlich macht. Es geht um Terror, weiß auch Israels Armeesprecher: "Das ist jüdischer Terror." Auch Naftali Bennet, neuer Kopf der Siedlerlobby im Parlament, meinte: "Terror ist Terror und bleibt Terror."

2008, als Untergrundzellen mit Anschlägen gegen Palästinenser und linke Israelis, Moscheen und Kirchen begannen, sahen die Sprecher der Regierung Netanyahu noch "irregeleitete Straftäter". Jetzt spricht auch Israels Premier von Terroristen. Ein Lichtblick: Die Sicherheitsapparate beider Seiten arbeiten weiter zusammen. Israels Regierung versteht, dass mehr als Image-Schaden droht. Die Gefahr wird unberechenbar.

Den Schaden am Image steckt Israels Regierung noch leicht weg. Erst diese Woche sprach ein rechter Abgeordneter davon, das Oberste Gericht mit Bulldozern einzureißen. Zuvor hatte die Armee Teile illegaler Siedlungen zerstört. Auf Anweisung des Gerichts. Ein Schritt, mit dem Premier Benjamin Netanyahu nach den Anschlägen jetzt besser dastehen könnte.

Auch Israels Polizei könnte mit ihrer ersten Überführung von Terroristen besser dastehen. Doch ausgerechnet die schnelle Festnahme des Messerstechers auf der Schwulen-Parade lässt bisherige Ermittlungserfolge verblassen: Es handelt sich um Jischai Schlissl. Derselbe, der schon 2005 auf der ersten Jerusalemer Schwulen-Parade Amok lief und drei Teilnehmer verletzte. Vor drei Wochen hatte er seine Strafe abgesessen und öffentlich bekräftigt, nichts zu bereuen.

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