Ruf als Rohstoff

Warum die EU gerade jetzt bei den neuen Regeln für Abgastests nicht hudeln sollte
Maria Brandl

Maria Brandl

Auch die EU-Gesetzgeber sind Teil des Geschehens.

von Maria Brandl

über den VW-Abgasskandal

Langsam lichten sich die Nebel in der Abgasaffäre und geben den Blick in immer tiefere Abgründe frei. Es ist kaum zu glauben, dass ausgerechnet jener Konzern, der 1989 mit dem ersten Pkw-TDI den Dieselboom ausgelöst hat, nun den größten Imageschaden für Selbstzünder verantwortet. Aber auch die EU-Gesetzgeber sind Teil des Geschehens. Die EU-Abgasnormen sind für Benziner wie für Diesel traditionell die laxesten im Vergleich zu USA und Japan. Das liegt nicht nur am Interesse, die eigene Industrie zu schützen. Dass der Diesel im Vergleich zum Benziner dort, wo er Probleme hat, in der EU zudem bevorzugt wurde und teilweise wird, liegt neben seinem unbestrittenen Verbrauchs-Vorteil (auch gegenüber Hybridantrieben) auch daran, dass in der EU dank des Dieselbooms der in den 90er-Jahren steigende Überschuss an Heizöl gewinnbringend genutzt wurde. In den USA dagegen ist die dort kaum elektrifizierte Bahn ein Diesel-Großabnehmer. Durch die Krise hat die EU die große Chance, die Abgastests zu „optimieren“. Die Vorbereitungen dazu laufen seit Jahren. Dennoch wurde die Umsetzung immer wieder von der EU verschoben. Das sollte sie jetzt nicht zu Schnellschüssen veranlassen. Immerhin gelten Abgastests für Jahrzehnte. Ein neuer schlechter EU-Abgastest schadet auch dem Ruf von Europas Industrie. Das kann sich die EU nicht leisten, vor allem nicht auf den Zukunftsmärkten in Asien. Der Ruf ist Europas, vor allem Deutschlands, Exportschlager und somit Rohstoff für die Zukunft. Aber nur, wenn er der Realität standhält.

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