Staatsfunk dankt ab

Information ist derzeit gefragt wie nie. Der ORF machte die TV-Debatte zur Wien-Wahl zur vergebenen Chance.
Josef Votzi

Josef Votzi

Der ORF machte die TV-Debatte zur Wien-Wahl zur vergebenen Chance

von Josef Votzi

über die TV-Elefantenrunde mit Häupl, Strache & Co

Reportagen und Storys rund um die Wien-Wahl am Sonntag gehören seit Wochen zu den Quotenrennern auf kurier.at. Anspruchsvolle Lektüre wie penibel recherchierte Faktenchecks zum Dauerthema Flüchtlingskrise ist gefragter denn je. Das Interesse an der wichtigsten Wahl des Jahres bleibt gewaltig. Einen Seher-Rekord fuhren so auch ORF und Puls4 bei einer Premiere ein: Erstmals luden der öffentlich-rechtliche und der kleine, aber feine Privatsender gemeinsam zur finalen TV-Debatte der Spitzenkandidaten. In Deutschland ist das schon länger höchst erfolgreich Praxis.

Aber was bleibt hierzulande von der ersten gemeinsamen TV-Elefantenrunde außer ein Haufen offener Fragen? Puls4 hat mit Corinna Milborn bewiesen, dass die von den staatlichen Medien-Elefanten viel geschmähten Privatsender ihre Besten aufbieten, um fünf politische Alphatiere in Schach zu halten. Welches Motiv außer politische Willfährigkeit hat aber den ORF geritten, den Zusehern einen schwer überforderten Moderator zuzumuten? Bei kritischen Beiträgen fiel er ängstlich ins Wort, zur Aufklärung von Widersprüchen trug er 90 Sendeminuten lang nichts bei. Dabei herrscht beim Thema Nr. 1, das seit Wochen landauf landab diskutiert wird, nach wie vor Informationsbedarf. Journalistische Spitzenleistungen boten im ORF dazu jüngst eine Sonderausgabe des Report und bieten nach wie vor regelmäßige Faktenchecks in der ZiB2. Die erste Elefantenrunde von ORF und Puls4 hat das Zeug, sich im kollektiven Gedächtnis elefantenartig als vergebene Chance des Jahres breitzumachen: Versprochen war das "erste und einzige TV-Duell Häupl gegen Strache"; geboten wurde die Abdankung des Staatsfunks von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag. Dass der ORF die Chance auf eine echte Konfrontation aus Feigheit sausen ließ, setzt dem Versagen des Staatsfunks noch die Krone auf.

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