SP und VP einig: Nur keine Veränderungen

Keine Regierungspartei hat eine Vorstellung, wie sie das alte Bürokratie-Österreich neu aufstellen kann.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Keine Regierungspartei hat eine Vorstellung, wie sie das Bürokratie-Österreich neu aufstellen kann.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Stillstand

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl demolierte mit einem einzigen Interview die Verhandlungsstrategie der SPÖ zur Steuerreform. Nicht schlecht. Der Ruf nach Millionärssteuern verhallt, es geht nur mehr um Abgaben auf einen Zugewinn. So gerät die traditionsbewusste SPÖ durch nur eine Wortmeldung ins Schleudern, weil hinter dem schlichten Slogan "Die Reichen sollen zahlen" kein Konzept lauert.

Genau so hohl sind die Wortschwaden der ÖVP von der "Leistungsbereitschaft", die sich wieder im Steuerrecht ausdrücken müsste. Und von der "Bildung von Eigentum". Aber so lange Leute, die sich plagen und dafür auch noch gut entlohnt werden, die Hälfte ihres Einkommens an den Staat abliefern und daher nie in die Lage kommen werden, sich vom Ersparten eine Wohnung zu kaufen, hat niemand etwas von diesen Phrasen.

SPÖ und ÖVP hatten nach dem Krieg klare gesellschaftspolitische Konzepte. Die Sozialisten, wie sie damals hießen, legten mit den Gewerkschaften vor allem Wert auf regelmäßige Lohnzuwächse, die Volkspartei versuchte ihrem Namen gerecht zu werden, indem sie Angestellten, Unternehmern und Bauern ein Stück vom wachsenden Kuchen sichern wollte. Die Parteien führten den Staat über die Kammern, also Institutionen, die mit großem Aufwand für den Ausgleich und die Verteilung von Annehmlichkeiten sorgten. Eine hohe Staatsquote war den Schwarzen genau so recht wie den Roten.

Das Modell baute auf hohem Wachstum, vielen staatlichen Betrieben und innovativen mittleren Unternehmen auf. Diese gibt es zwar noch, sie werden aber eher behindert als gefördert. Denn die Regierungsparteien orientieren sich an ihren Klientelgruppen, die gerade noch (gemeinsame) Mehrheit und Macht sichern.

Die digitale Alpenrepublik

Aber es gibt immer weniger wirklich sichere Arbeitsplätze, dafür umso mehr Kleinunternehmer und kein Wachstum mehr. Selbst der Aufbau eines bescheidenen Vermögens ist schwierig geworden. Irgendwie spüren immer mehr Bürger, dass es kaum noch Sicherheit gibt, aber die Chancen und die Stimmung für den Aufbau eines Unternehmens sind anderswo viel besser.

Deshalb bräuchten wir moderne Parteien, die Ideen für ein flexibles Bildungssystem haben, für eine geordnete Einwanderung, einen belastbaren und gerechteren Sozialstaat, ein leistungsorientiertes Steuerrecht. Ganz konkret: Wenn die SPÖ für Zuwachssteuern und die ÖVP für die Belohnung von Leistung ist, müssten beide für eine sinnvolle Erbschafts -und Schenkungssteuer sein, die die Substanz von Betrieben nicht beschädigt. Erbschaftssteuern sind keine Erfindung von Kommunisten, sondern Teil jeder Gesellschaft, die auf Veränderung setzt. Würde man gleichzeitig die Einkommenssteuer wirklich senken, wären sie ein Symbol für Veränderungen. Aber die Angst davor ist groß. Denn uns stehen große Veränderungen bevor, die kaum jemand wahrhaben will, unsere Parteien schon gar nicht.

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