Das Märchen vom "Retroweibchen"

Steht eine Rückkehr des Hausmütterchens bevor?
Martina Salomon

Martina Salomon

Steht eine Rückkehr des Hausmütterchens bevor?

von Dr. Martina Salomon

über das "Retroweibchen"

Schneewittchen-Fieber" heißt das neue Buch der fabelhaften Journalistin Angelika Hager. Sie schreibt von "Retro-Weibchen" und dem neuen "Virus", der Frauen aus dem Arbeitsmarkt in die "häusliche Idylle" treibt. Provokante These, aber ist sie auch wirklich wahr?

Statistisch ist das nicht belegbar. Die Erwerbsquote von Frauen zwischen 15 und 64 Jahren ist auf fast 68 Prozent gestiegen, nach Trendwende schaut es nicht aus. In Mittel- und Oberschicht-Familien ist man eher darauf bedacht, dass die Söhne und Töchter möglichst nicht zu jung Babys kriegen. Weil sie das in ihrer Entfaltung behindern könnte. Mittlerweile braucht es fast Mut, um sich zu Kindern zu bekennen. Nie passt der Zeitpunkt: Mal fehlt der richtige Partner, dann wieder ist es nicht Karriere-konform oder die Ausbildung noch unfertig. Mal ist die Frau zu jung, mal zu alt. Mehrere Kinder? Naserümpfen! Warum schmeißt diese junge Frau ihre gute Ausbildung für Kinder weg? Oder: Zocken die vielleicht nur das Sozialsystem ab?

Logischerweise hat dieses Klima dazu geführt, dass sich Kinderreichtum im Wesentlichen auf Migrantenfamilien aus ländlich-frommen Regionen, Adelige und sozial Unterprivilegierte konzentriert. "Heim an den Herd" dürfen gut gebildete Frauen erst, wenn sie über 50 sind. Das ist unter dem Titel Frühpension gesellschaftlich voll akzeptiert. Doch davor müssen sie sogar mit ganz kleinen Kindern das Bruttonationalprodukt fleißig vermehren, und zwar auf keinen Fall in einem Teilzeitjob, denn der ist schließlich eine Frauenfalle.

Eizellen einfrieren

Die Vorzeigefrauen in Österreich sagen in Interviews meist bedauernd, dass sie für ihre Karriere ganz bewusst auf Kinder verzichtet haben. Abhilfe kommt (wie immer) aus den USA: Diese Woche wurde bekannt, dass Facebook und Apple ihren Arbeitnehmerinnen offenbar das Einfrieren der Eizellen bezahlen. Damit die weiblichen High Potentials ihren Kinderwunsch auf die Zeit nach dem Karriereknick vertagen? Schließlich steigt ab 35 Jahren das Risiko, unfreiwillig kinderlos zu bleiben, stark an.

Hierzulande haben Hochschulabsolventinnen im Schnitt ein Kind weniger als Frauen mit Pflichtschulabschluss. Mehr als jede vierte Akademikerin bleibt kinderlos.

Die jahrzehntelange Gehirnwäsche hat funktioniert: Mittlerweile glauben nur mehr 28 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen, dass zu einem erfüllten Leben ihres jeweiligen Geschlechts auch Kinder gehören. (Quelle: Generations and Gender Programme Austria)

Junge Leute wünschen sich meist zwei Kinder. Später wird das aber oft nicht (vollständig) realisiert. Daher müsste man in Österreich schon längst nicht mehr von Work-Life-Balance, sondern von Work-Age-Balance reden. Jahrelang dem Beruf den Rücken kehren, ist in höher qualifizierten Bereichen tatsächlich keine gute Idee. Aber mit kleinen Kindern eine Zeit lang im Job kürzertreten, darf gesellschaftlich nicht geächtet werden.

Zum Ausgleich sollte man Frauen aber nicht mehr ab 50 in die Pension schubsen. Das wirkt sich auf Karriereaussichten sowie Einkommens- und Pensionshöhe verheerend aus, wird von Feministinnen aber nicht so gern thematisiert.

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