Platz für Verzweifelte

Der kleine Libanon beherbergt 1 Million Flüchtlinge. Das reiche Österreich muss mit knapp 25.000 würdiger umgehen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Platz für Verzweifelte

von Josef Votzi

über Traiskirchen

100.000 Flüchtlinge haben heuer den gefährlichsten Weg nach Europa über das Mittelmeer genommen. Das sind 60.000 mehr als im Vorjahr. 800 sind bei der Überfahrt in überfüllten Booten ums Leben gekommen. Die exorbitante Zunahme an Verzweifelten, die ihre Hoffnung bei uns suchen, geht vor allem auf das Konto des kriegerischen Grauens in Syrien.

Wer es bis nach Österreich schafft, landet meist in Traiskirchen: 1400 Asylwerbern leben hier; drei Mal so viele wie erlaubt. Niederösterreichs Landeshauptmann verhängt nun als "Akt der Notwehr" neuerlich einen Aufnahmestopp. Die Krux liegt bei Erwin Prölls Kollegen: Nur NÖ und Wien halten (mehr als) ihr Wort, sieben Länder brechen seit Jahren gültige Verträge und nehmen nicht die vereinbarte Zahl an Asylwerbern auf. Johanna Mikl-Leitner geht nicht den provokanten Irrweg Jörg Haiders und stellt säumigen Ländern quartiersuchende Flüchtlinge per Autobus vor die Haustür. Im Moment helfen nur Notlösungen wie die "Öffnung von öffentlichen Gebäuden" (so Oberösterreichs Landeschef Pühringer im KURIER). Danach braucht es ein neues Gesetz mit verbindlicheren Regeln und hohe Pönalen für säumige Länder – vor allem aber ein Mindestmaß an politischem Anstand.

Der Satz, "Ich hab’ nichts zu verschenken", passt perfekt in einen Werbespot von und mit Niki Lauda. Als lapidarer Kommentar aus dem Munde von Heeresminister Klug zur Forderung, Kasernen für Flüchtlinge zu öffnen, ist er zu billig, respektlos und zynisch.

Der Libanon hat mit 4 Millionen Menschen halb so viele Einwohner wie Österreich, ist etwa so groß wie Tirol und beherbergt derzeit 1 Million syrische Flüchtlinge. Caritas-Chef Michael Landau resümiert zu Recht: "Unsere Zahl an Flüchtlingen ist bewältigbar. Wir brauchen nur mehr mehr Tempo und mehr Menschlichkeit."

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