Nicht jeder bekommt, was er verdient

Die Höhe der Gehälter ist auch historisch bedingt. Aber das wird immer öfter infrage gestellt werden.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die Höhe der Gehälter ist auch historisch bedingt. Aber das wird immer öfter infrage gestellt werden

von Dr. Helmut Brandstätter

über Gehälter

ÖGB-Präsident Erich Foglar hat im KURIER am Dienstag eine Diskussion angestoßen, die uns noch lange beschäftigen wird: Wenn das Pflegepersonal inzwischen auch ärztliche Tätigkeiten ausübt, wie etwa das Verabreichen von Injektionen, wird es dann künftig besser bezahlt? Oder müssen Pfleger gar fürchten, finanziell benachteiligt zu werden, weil ja die Ärzte aufgrund der neuen Arbeitszeiten mehr Geld kosten? Dahinter steht die grundsätzliche Frage, welche Gehälter für welche Tätigkeiten gerecht sind.

In Deutschland stehen die Betreuerinnen in den Kindertagestätten vor einem Streik, weil sie sich im Verhältnis zu Lehrern unterbezahlt fühlen. Der – machtpolitisch motivierte – Streik der deutschen Lokführer wiederum zeigt, wie sehr wir in unserer komplexen Gesellschaft vom Funktionieren vieler Berufsgruppen abhängig sind. Wer in den nächsten Tagen in einer deutschen Stadt wegen des Streiks ständig verspätet ist und dann noch vor dem verschlossenen Kinderhort steht, wird mit einer riesigen Wut im Bauch darüber nachdenken.

Die Wirtschaft wächst nur langsam, in Österreich leider besonders langsam und die öffentlichen Budgets sind knapp. Da werden die Verteilungskämpfe härter. Wir werden genauer hinsehen müssen, warum in manchen Branchen eher schlecht bezahlt wird – da gibt es den begründeten Verdacht, dass es sich eher um sogenannte Frauenberufe wie Pflege und Kinderbetreuung handelt. Und immer mehr werden die Betroffenen beobachten, wie groß die Differenz der Einkommen bei unterschiedlichen Tätigkeiten ist. Niemand wird sich melden und sagen, er verdiene zu viel. Aber alle müssen wissen, dass jeder Beruf auf viele andere angewiesen ist.

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