Weckruf für Regierung

Auf Kosten besserer Bildung für die Jungen leisten wir uns immer längere Pensionszeiten.
Josef Votzi

Josef Votzi

Weckruf für Regierung

von Josef Votzi

über den Verteilungskampf

So deftig hat es ein rot-schwarzer Politiker schon lange nicht den Seinen reingesagt: "Wir geben unser Geld völlig vertrottelt aus." Bernd Schilcher, steirischer Spitzenpolitiker a. D. und Ex-Chef der einst von Claudia Schmied installierten Schulreform-Kommission rechnet in einem prominent platzierten Beitrag in der Kleinen Zeitung mit der Regierungsspitze ab: Statt mehr Geld ins Bildungssystem zu stecken, müssen immer mehr Milliarden in die Reparatur der Folgen von Bildungsarmut – wie Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg – fließen. Anlass der Abrechnung: Werner Faymann forderte jüngst mehr Respekt für die Arbeit der Regierung ein. Giftiger Konter Schilchers: "Mehr Respekt – wofür?"

Thomas Wieser, Österreichs mächtigster Strippenzieher hinter den EU-Kulissen in Brüssel, formuliert im KURIER-Gespräch nicht so drastisch, zielt aber punktgenau in die gleiche Richtung: "Wenn wir uns nicht rasch bewegen, fallen wir zurück." Wieser drängt darauf, dass sich die Politik dem "Verteilungskampf zwischen Alten und Jungen" stellt: "Stecken wir unser Geld in Bildung oder in Pensionen inklusive signifikant frühem Antrittsalter?" Dieser dramatische Weckruf an die Regierung verdient nicht nur höchste Aufmerksamkeit, weil Thomas Wieser ein politisches Schwergewicht ist. Als Sektionschef in Wien hat er jahrelang als "graue Eminenz" die Politik des Finanzministeriums geprägt. In Brüssel steuerte er zuletzt als rechte Hand des neuen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker den Kurs des Euro.

Der KURIER startet mit Wieser eine Serie von Sommer-Interviews, die sich jenseits von Bundeshymne und Binnen-I den wirklich brennenden Fragen widmen. Ganz im Sinne jener, die Respekt gegenüber den Leistungen der zurückliegenden Jahrzehnte einmahnen, steht sie unter dem Motto: "So kann Österreich (noch) besser werden".

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