Befreiung, Freiheit, Wiederaufbau, und?

Es tat gut, dass am Montag ein kluger und intelligenter Deutscher, nämlich Bundespräsident Joachim Gauck, in der Wiener Hofburg sprach. Ein kurzer Satz machte dabei besonders nachdenklich: "Schrecklich, wenn uns die Alliierten nicht befreit hätten." Am 27. April 1945, als in weiten Teilen Österreichs die Nazis noch Kinder in den Krieg schickten und Widerstandskämpfer ermordeten, wurden im befreiten Wien die Grundlagen für ein selbstständiges und demokratisches Österreich gelegt. Den Befreiern, die noch zwei Wochen davor um Wien kämpften, gilt der Dank.

Das müssen wir immer wieder betonen, denn noch immer sind die Geschichtslügner unterwegs. In einem mit Steuergeldern finanzierten Magazin wird das Wort Befreiung unter Anführungszeichen geschrieben, das Jahr 1945 sei die Apokalypse gewesen, der Weltuntergang. Und Verbrechen werden dort vor allem aufseiten der Alliierten geortet. Ja, die gab es auch, weil es sie in jedem Krieg auf allen Seiten gibt. Das Aufrechnen von Verbrechen ist auch sinnlos, aber um die Einmaligkeit des Holocaust zu verstehen, muss man sich nur kurz damit beschäftigen, außer man ist politisch besonders verbohrt, dumm oder böswillig. Unsere Geschichtslehrer haben noch viel zu tun.

Die Zweite Republik ist eine Erfolgsgeschichte. Aber 70 Jahre nach der Gründung stehen wir wieder vor neuen Aufgaben, wenn auch nicht vergleichbar mit dem Wiederaufbau eines zerstörten Landes. Die Flüchtlingsströme brauchen europäische Lösungen, das geringe Wirtschaftswachstum und die hohe Arbeitslosigkeit ebenfalls. Mit Gewalt, Hetze, Ausgrenzung und Schuldzuweisungen ist kein einziges Problem lösbar. Das haben wir hoffentlich aus unserer Geschichte gelernt.