Haiders Ungeist ist lebendiger denn je

Er war ein Ausnahmetalent. Das politische Klima bleibt fünf Jahre nach dem Tod nachhaltig vergiftet.
Josef Votzi

Josef Votzi

Haiders Ungeist ist lebendiger denn je.

von Josef Votzi

über Jörg Haider

In Kärnten wurden seine Nachfolger mit Schimpf und Schande abgewählt. Sein „ Bündnis Zukunft Österreich“ hat keine Zukunft mehr. Seine Buberl-Partie zerschlug es in alle Winde. Die einen haben sie schon hinter sich, die anderen warten noch auf ihre Prozesse von Untreue bis zur Steuerhinterziehung.

Ganz Österreich bleibt auf der Milliarden Zeitbombe sitzen, die er in der Kärntner Hypo hinterlassen hat.

Jörg Haider feierte in der Pose des Robin Hood seine größten Wahltriumphe. Fünf Jahre nach seinem tragischen Alkohol-Unfall ist zu bilanzieren: Haider ist tot, sein Erbe entpuppt sich als politische, finanzielle und – vor allem – moralische Pleite. Heide Schmidt nennt zu Recht als seine nachhaltigste Hinterlassenschaft de „Verlotterung des politischen Stils“. Keiner machte derart skrupellos mit Feindbildern Stimmen. Diese Erbe vergiftet bis heute das politische Klima. Erst waren es die „Ausländer“, die uns die Jobs wegnehmen; die Sozialtöpfe ausräumen; und bald die Mehrheit im Land übernehmen. Heute sind es zudem „die Griechen“, gegen die es „unsere Geld für unsere Leute“ zu verteidigen gelte.

Heinz-Christian Strache hat dieses zynische Spiel in eine Kampagne für „Nächstenliebe“ verpackt. Wiens FPÖ-Chef Johann Gudenus legte zwei Tage vor der Wahl ausgerechnet am Wiener Stephansplatz diesen christlichen Tarnanzug ab: „Jetzt heißt es ‚Knüppel aus dem Sack!‘ für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier!“ Jetzt werde „aufgeräumt in unserem schönen Österreich“.

Gegen Hass-Tiraden wie diese gibt es keine einfachen Rezepte. Was nicht hilft ist ignorieren und aussitzen. Das haben alle anderen Parteien einen ganzen Wahlkampf lang versucht. Das Ergebnis liegt auf dem Tisch: Fast eine Million Stimmen für die FPÖ.

Es regiert der Hass

Hasspredigern ist auch nicht allein mit scharfer Abgrenzung beizukommen. Es gibt eine dramatisch hohe Proteststimmung gegen „die da oben“ im Lande – gespeist aus Abstiegsängsten und realen sozialen Problemen im Zusammenleben, auch mit Zuwanderern. Die Debatten über die Sorgen des Alltags finden zunehmend ohne die politische Klasse statt: In den Familien, an den Stammtischen und – oft grenzenlos hasserfüllt – in deren modernen Ablegern, den anonymen Foren im Internet.

Wo sind die großen Bürgerdebatten über deren Nöte mit dem Euro, den EU-Milliardenhaftungen und etwa der Schul-Misere in den Medien? Wo ist noch die Bereitschaft, sich öffentlich kritischen Fragen zu stellen, statt in Phrasen und Dauerpropaganda zu flüchten?

Haider war über zwei Jahrzehnte auch erfolgreich, weil er den Menschen zumindest das Gefühl gab, ihre Sorgen ernst zu nehmen. Österreichs politisches Spitzenpersonal gibt ihnen noch immer zu oft das Gefühl, dass sie zuvorderst einander ernst nehmen: Ihre taktischen Winkelzüge, Ausbremsmanöver und Kleinkriege um den geringsten politischen Vorteil.

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