Erst war das Fressen, kommt jetzt die Moral?

Grasser & Co sind nun ein Fall für die Justiz. Eine gründliche Abrechnung mit der Ära der Gier ist überfällig.
Josef Votzi

Josef Votzi

Erst war das Fressen, kommt jetzt die Moral?

von Josef Votzi

über Grasser & Co

Er hat mich benützt – und ich ihn." So nüchtern beschreibt Peter Hochegger das Verhältnis zu seinem ehemaligen Kumpel Walter Meischberger. Die beiden verbanden einst diskrete Deals, deren millionenschwere Erträge sie in Liechtenstein bunkerten. Bei einem der spektakulärsten Geschäfte bei der Privatisierung von Staatsvermögen in die eigene Tasche soll auch der damalige Finanzminister seine Hand mit im Spiel gehabt haben. Darüber wird spätestens im kommenden Frühjahr ein Gericht zu befinden haben.

In diesem Trio war Karl-Heinz Grasser einst die strahlende Nummer 1, heute führt er ein Schattendasein im Glanz des Reichtums seiner extravaganten Frau, mit allen Merkmalen einer gescheiterten Existenz – ohne feste Arbeit und schwer vermittelbar.

Der heute 45-Jährige war schon mit Anfang 20 ein vielversprechendes politisches Talent: Ein ernster junger Mann mit bravem Haarschnitt, der damals "lieber mit einem Buch ins Bett ging", als mit den anderen "Haider-Buberln" um die Häuser zu ziehen. Auf dem Weg von Kärnten zum Minister in Wien nehmen viele eine neue Schlagseite des Sohns eines Villacher Autohändlers wahr. Bald macht die Anekdote die Runde, dass KHG gern mit Freunden bespricht, wer wie in welche reiche Familie einheiraten könnte. An Finanzplätzen wie London gehen hinter vorgehaltener Hand andere Zuschreibungen um, deren Zitierung das Medienrecht verbietet.

Haft legt den Sumpf nicht trocken

Mehr als ein Jahrzehnt danach wirft die Anklageschrift, die gerade auf dem letzten Weg durch die Genehmigungsinstanzen ist, dem Trio Grasser, Meischberger & Hochegger (und einigen Nebendarstellern) vor, sich auf Kosten Dritter privat bestens bedient zu haben. Außerhalb des Gerichtssaals darüber reden will nur noch einer. Im KURIER-Sonntagsinterview spricht Peter Hochegger mit meiner Kollegin Ida Metzger über persönliche Lehren aus dem tiefen Fall einer enttarnten Geschäftemacher-Partie. Wer, wenn nicht der ehemalige Inhaber der größten Lobby-Firma des Landes, weiß dabei besser, dass Klappern in jeder Lebenslage zum Geschäft gehört. Hochegger präsentiert sich heute als einer, der zwar "nichts bereut", aber dabei ist zu lernen, dass Geld doch nicht alles ist. Der PR-Profi will so wohl auch guten Wind für noch bevorstehende Prozesse machen. Aus welchen Gründen auch immer – Hochegger berührt damit einen Kern der gründlichen Aufarbeitung des Korruptions-Sumpfs, in dem eine ganze Generation von Politikern und Managern aus eigenem Verschulden am Versinken ist.

Einige von Ihnen sitzen bereits im Gefängnis, andere haben Haftstrafen oder ihren Prozess in Aussicht. Die Justiz agiert selbstbewusster, in vielen Unternehmen und der Politik gelten strengere Regeln. Überfällig ist eine genaue Abrechnung mit dem Klima der Gier, des Anything-Goes und der freien Fahrt für Blender, in dem der Korruptionssumpf der Nullerjahre so prächtig gedeihen konnte. Hocheggers Einsichten können ein erster Beitrag dazu sein.

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