Diese Regierung hat nichts zu feiern

Kommenden Dienstag begeht das Kabinett Faymann II seinen ersten Jahrestag – zu Recht in aller Stille.
Josef Votzi

Josef Votzi

Diese Regierung hat nichts zu feiern

von Josef Votzi

über das Kabinett Faymann II

Schon der Start stand unter keinem guten Stern. Kommenden Dienstag vor einem Jahr schritt Werner Faymann (damals noch mit Michael Spindelegger im Schlepptau) über den Ballhausplatz, um sich auf der anderen Straßenseite des Kanzleramts in der Präsidentschafts-Kanzlei neuerlich zum Regierungschef angeloben zu lassen. Das Wahlergebnis war weder für Rot noch für Schwarz berauschend. Zusammen hat man es mit 51 Prozent der Stimmen gemeinsam noch einmal über die Hürde der absoluten Mehrheit geschafft. Das Regierungsprogramm, ein uninspiriertes Stückwerk; beim Personal blieb Staatssekretärin Sonja Steßl die einzige Blutauffrischung im SPÖ-Team. In der ÖVP-Mannschaft rückte Jungstar Sebastian Kurz zum Außenminister auf, mit Wolfgang Brandstetter (Justiz), Sophie Karmasin (Familie) und Andrä Rupprechter (Landwirtschaft) gab es aufsehenerregende Newcomer.

Ein Jahr danach hat die Regierung wenig Grund zu feiern. Seit Wochen liefern sich Rot und Schwarz ein Propaganda-Duell um das bessere Rezept für eine Steuerreform. Das magere Ergebnis: Nur noch der harte Kern der Wähler der beiden Koalitionsparteien traut den Versprechen und erwartet sich eine spürbare Entlastung, die Mehrheit bleibt unberührt (siehe Bericht unten).

Liegt es am Regierungspersonal? Der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling hält nach einem fulminanten Start Flughöhe. Reinhold Mitterlehner blüht in der neuen Rolle des "Django" so auf, dass er selbst langjährige Weggefährten überrascht. Sabine Oberhauser punktet mit Authentizität im Gesundheitsressort. Minister wie Sebastian Kurz und Rudolf Hundstorfer landen in Beliebtheitsrankings ungebrochen im Spitzenfeld.

Österreich hat ein Führungsproblem

Auch innerhalb der SPÖ mehren sich so gewichtige Stimmen, die sagen, die Republik habe ein Führungsproblem (siehe Seite 5). Sie illustrieren das gerne damit: Das ungleiche Duo Franz Vranitzky und Erhard Busek blieb persönlich auf Distanz, hat aber gemeinsam kraftvoll Leadership gezeigt: Trotz großer Skepsis in den eigenen Reihen haben sie das Land Richtung EU-Beitritt geführt und dafür die Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit lukriert.

Was bleibt von Michael Spindelegger? Womit wird Werner Faymann in die Geschichtsbücher eingehen?

Ein Befund eint Freund und Feind: In der Ära Faymann regiert der Kampf um die beste Schlagzeile, alles andere ist zweitrangig. Politik machen hat sich in den virtuellen Raum verlagert, tatsächlich herrscht weitgehend Stillstand. In den verbleibenden vier Jahren warten auf die Regierung aber mehr Herausforderungen, als in den Dezembertagen 2013 absehbar war. Arbeitslosigkeit und Spardruck steigen. Die Angst vor "japanischen Verhältnissen" mit stagnierendem Wachstum hat sich im sechsten Krisenjahr verfestigt. Für Feierstimmung gibt es weder objektiv noch subjektiv Anlass.

Die Regierung Faymann II wird ihren ersten Jahrestag kommenden Dienstag zu Recht in aller Stille begehen.

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