Das Parlament macht sich zum Hohlen Haus

Freie Mandatare würden sich den frechen Umgang der Regierung mit der Volksvertretung nicht gefallen lassen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Rot-Schwarz schickt mangels Arbeit die Volksvertreter nach Hause: Das Parlament macht sich zum Hohlen Haus.

von Josef Votzi

über den Umgang der Regierungsmehrheit mit gewählten Volksvertretern

Der deutsche Bundestag lebte es am Mittwoch einmal mehr vor: Wann immer die Kanzlerin zu einem EU-Gipfel aufbricht, tut sie davor kund, was sie vorhat. Die Regierungserklärung wird breit diskutiert, Pro und Kontra sind für jedermann via TV oder Internet nachvollziehbar. Bevor der österreichische Kanzler zu EU-Ratssitzungen anreist, macht er im Hauptausschuss des Parlaments Station. Das Gremium ist für Medien zwar zugänglich, aber in der Regel nicht mehr als ein knapp zweistündiger Formalakt. Die 28 Ausschussmitglieder bleiben so mangels Berichterstattungsmasse meist unter sich.

Nur Zyniker würden sagen: Da ist es nur konsequent, dass das Parlament eine geplante ganztägige Zusammenkunft kurzfristig komplett absagt. Die Regierung hat kein Thema, das sie gerne besprechen will. Die Anliegen der Opposition wiederum finden nicht den Gefallen der rot-schwarzen Mehrheit. Bevor sich alle anschweigen, schickt man das Parlament lieber auf Pause. Die peinliche Last-minute-Absage ist ein Symbol: Das Hohe Haus ist nicht nur rein äußerlich baufällig. Es ist auch, was die politische Substanz betrifft, zunehmend ein Hohles Haus.

Selbstbewusste Abgeordnete, die nicht vom Wohl und Wehe eines roten oder schwarzen Landeshauptmanns abhängen, würden sich keinen Tag lang gefallen lassen, was heimische Volksvertreter schulterzuckend hinnehmen: Dass die Regierung für November 2015 die ultimative Bildungsreform verspricht, sie bis heute nicht vorlegt – und die Mandatare dann auch noch damit verhöhnt, mangels Themen die Gesetzgeber wieder nach Hause zu schicken.

Ein selbstbewusstes Parlament würde auch längst Hearings vor der Ernennung von Ministern verlangen. Und nicht wie jüngst sang- und klanglos eine Regierungsumbildung absitzen, die mehr Fragen hinterlässt als beantwortet: Woran liegt es eigentlich, dass ein Tausendsassa wie Alois Stöger, der nach dem Gesundheits- und Infrastrukturministerium das Sozialministerium übernimmt – nicht schon längst Regierungschef ist?

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