Bikinifiguren und Hetze. Im Parlament

Die Volksvertreter kapieren nicht immer den Ernst ihrer Aufgabe. Oder sie missbrauchen ihre Funktion.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die Volksvertreter kapieren nicht immer den Ernst ihrer Aufgabe. Oder sie missbrauchen ihre Funktion.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Parlamentarier

Der Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn muss sich wie am Gasteiner Stammtisch gefühlt haben, als er im Nationalrat – in Bezug auf eine Zahlenreihe – zu Ex-Ministerin Fekter sagte: "Das ist nicht Ihre Bikinifigur vor 30 Jahren." Immerhin, er hat sich entschuldigt. Mit Blumen, wie ein Kavalier. Die FPÖ-Mandatarin Belakowitsch-Jenewein hingegen meint noch immer, eine politische Aussage getätigt zu haben, als sie im Hohen Haus forderte, Flüchtlinge sollten in einer Hercules-Maschine abgeschoben werden, denn dort sei es laut, da "können sie schreien, so viel sie wollen".

Nun ist es zunächst unverständlich, dass im Hohen Haus Schimpfworte mit einem Ordnungsruf belegt werden, Hetzreden aber nicht. Vor allem aber müssen alle Politiker, die jetzt die Zeit für unterirdische Aufwiegelei gekommen sehen, wissen, was sie anrichten. Der deutsche Ex-Minister Erhard Eppler hat aus der Geschichte seines Landes gelernt, wie schnell aus Worten Taten werden können und warnte genau davor, "weil das Reden sehr wohl Handeln bedeutet". Darüber sollte der Nationalrat endlich diskutieren: Wie man unsichere, vielleicht ängstliche Menschen auch in einer stabilen Demokratie zu brutalen Worten und später auch ebensolchen Taten bringen kann. Und wer daran Interesse hat.

Aber man kann auch Ängste nehmen, indem man die Bevölkerung in politische Maßnahmen einbindet. Der Bürgermeister von Wiener Neustadt, Schneeberger (ÖVP), hat das getan und will 250 Asylwerber aufnehmen. Dass die FPÖ sofort panisch ablehnend reagiert, ist aus ihrer Sicht logisch. Für sie wäre es das Schlimmste, wenn Wiener Neustadt ganz ruhig eine schwierige Herausforderung bewältigt. Wer lässt sich dann noch aufhetzen? So ist es auch sinnvoll, dass Kanzler Faymann jetzt eine Karte von Österreich erstellen ließ, die zeigt, in welchen Bezirken Österreichs jetzt wie viele Flüchtlinge leben. Also kann endlich an einer Verteilung in kleinen Einheiten gearbeitet werden, die niemanden überfordert. Und wo niemand einen Grund hat, auf Parolen hereinzufallen.

Gerade jetzt: Respekt statt Radau

Apropos Parolen: Das führt zum hellenischen Drama, wo wir längst mehr sind als unbeteiligte Zuseher. Im Wahlkampf hat Syriza-Chef Tsipras die deutsche Kanzlerin Merkel ständig angerempelt und für das Unglück seines Landes verantwortlich gemacht, jetzt braucht er sie beim Krisengipfel am kommenden Montag. Und er hat seinen Wählern Versprechungen gemacht, von denen er wusste, dass sie wegen der enormen Überschuldung Griechenlands unerfüllbar waren. Jetzt braucht er das Entgegenkommen der Europäer.

Von der Flüchtlingsfrage bis zum Euro: Es gibt keine einfachen Lösungen, sondern nur mühsame Kompromisse. Und die erfordern Respekt und Ehrlichkeit. Wer für politische Gegner nur Verachtung und für schwache Menschen nur Hohn übrig hat, kann weder eine kleine Gemeinde noch ein Land regieren. So können auch Reden im Nationalrat sehr aufschlussreich sein.

Kommentare